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Fina

Posted on 30.5.2023

Gestaltung: Das Cover wirkt auf den ersten Blick schlicht, hat aber das gewisse Etwas. Ich finde die Graphik auf dem Cover sehr schön, ebenso wie die Farbkombination aus Blau und Gold. Wer den Farbschnitt der ersten Auflage erwischt hat, hat ein wahres Schmuckstück im Regal. Der Umschlag hat eine fast gummiartige Haptik, und unter ihm befindet sich sogar noch eine Graphik auf dem Hardcover - ich finde das Buch sehr edel und besonders gestaltet. Darum geht's: Natasha, genannt Nat, führt ein eher tristes Leben, ist in ärmlichen Verhältnissen aufgewachsen, und hat außer ihrer Mutter, ihrem Kumpel Mason und ihrer Freundin Elodie kaum Kontakte. Plötzlich wird sie aus ihrem Alltag gerissen, nachdem Elodie sie in einen geheimnisvollen Club mitnimmt und Nat sich einige Zeit später auf einer Insel im Norden Europas wiederfindet, an der Grey Wolf Akademie. Dort ist nichts so, wie es auf den ersten Blick scheint, und Nat muss nicht nur herausfinden, wem sie trauen kann, sondern auch was für ein Ziel die Akademie verfolgt. Denn es wirkt, als sei diese Schule völlig aus der Zeit gefallen... Idee/ Umsetzung: Ich fand es so schön zu sehen, dass endlich mal wieder gut klingende Zeitreise-Fantasy erscheint, und dann auch noch gepaart mit Dark Academia. Der Anfang der Geschichte war extrem stark, durch die ersten 200 Seiten bin ich nur so durchgeflogen. Das lag zum einen an der spannenden, schnellen Handlung der Geschichte, als Nat mehr oder weniger nach Europa "entführt" wird, ihr altes Leben zurücklässt und das Angebot annimmt, von da an die Grey Wolf Akademie zu besuchen und sich deren Aufgabe zu verschreiben. Es gibt unzählige offene Fragen, Geheimnisse, und auch eine zarte Liebesgeschichte deutete sich hier bereits an. Den Schreibstil der Autorin fand ich dabei sehr leicht und unkompliziert zu lesen. Das Buch hat sehr kurze Kapitel, teilweise nur 2-3 Seiten, sodass ich in das typische "Just one more chapter" verfallen bin und anfangs sehr zügig vorankam. Der Stil der Autorin trifft somit genau den Nerv der jungen Zielgruppe und sie weiß, wie man Spannung erzeugt und Leser*innen bei der Stange hält. Leider fiel mein Lesevergnügen nach den ersten 200 Seiten immer weiter ab. Das lag in meinen Augen daran, dass die Autorin Elemente der Geschichte fokussiert hat, die ich am unspannendsten fand. So rückte die Liebelei zwischen Nat und dem Tutor Braxton sehr in den Vordergrund, wobei ich zwar die Chemie zwischen den beiden mochte, aber sich alles viel zu schnell entwickelte und Braxton von Beginn an eine Faszination für Nat hatte, die ich nicht verstanden habe. Er schmeißt sich ihr vor die Füße, bringt ihr Frühstück usw. Mich hat viel mehr das Akademie-Leben interessiert, es gibt weder Beschreibungen des Aufbaus der Akademie (Wie viele Schüler*innen gibt es? Welche Fächer werden von wem unterrichtet?), noch Einblicke in den Unterricht. Für mich fühlte es sich an, als gäbe es an dieser Schule sieben Schüler*innen, Braxton und den Leiter des ganzen. Das fand ich sehr unbefriedigend, zumal dadurch die Vermarktung als Dark Academia völlig am Thema vorbei geht. Das eigentliche Thema des Buches, bzw. das Ziel der Akademie wird sehr lange hinausgezögert, immer mehr Fragen aufgeworfen, ohne dass grundlegende Elemente der Geschichte erklärt werden. Auch wenn es sich um einen Reihenauftakt handelt, erwarte ich ein gewisses Worldbuilding, um mich in die Geschichte hineinfallen lassen zu können. Demnach fing das Buch stark an und plätscherte danach leider vor sich hin, ohne an die wesentlichen Themen heranzugehen und uns zu erklären, was eigentlich los ist. Das macht die Autorin dann vorwiegend auf den letzten 100 Seiten. Doch das konnte das Ruder für mich nicht mehr herumreißen, dafür hatte das Buch zu viele Seiten, auf denen kaum etwas passierte. Figuren: Die Figuren konnten die Lücken in der Handlung für mich leider nicht ausgleichen. Nat fand ich als Protagonistin noch ganz interessant, wie ihr vorheriges Leben beschrieben wird und dass sie während der Rekrutierung für die Akademie auch mal Dinge hinterfragt und sich dagegen wehrt, blind zu vertrauen. Das verflüchtigte sich, nachdem sie in der Akademie ankam. Sie weiß überhaupt nicht wirklich, warum sie dort ist und lässt sich mit einigen fragwürdigen Pseudo-Antworten abspeisen. Obwohl sie völlig neues Terrain betritt, schüttelt sie alle Talente und Kompetenzen mal eben aus dem Ärmel, was sie nicht kann wird erlernt, allerdings ohne unser Beisein, sodass nur vom einem Zeitsprung berichtet wurde, dass ein Monat vergangen sei. Die anderen Figuren kommen leider recht stereotypisch daher, sei es der liebeskranke Braxton, der natürlich abgöttisch schön und intelligent ist, die Oberzicke und Alpha-Schülerin Elodie oder der unnahbare, dominante Leiter der Akademie. Wenn es so wenige Figuren gibt, sollten diese für meinen Geschmack mehr Tiefgang haben und sich nicht vorrangig mit Teenie-Themen wie Eifersüchteleien und Rivalitäten beschäftigen. Fazit: Trotz des gelungenen Abschlusses, in dem dann wirklich viel passiert und es auch endlich einige Antworten gab, konnte ich mit der Geschichte nicht mehr warm werden. Vielleicht ist es die Zielgruppe, sodass die Autorin bei Jugendfantasy mehr Romance-Anteil und Teenie-Themen einarbeiten möchte. Mich hat das eher genervt, da ich an dem Worldbuilding interessiert war. Das Buch liest sich ein bisschen wie ein langer Prolog als Vorbereitung für die weiteren Bände. Auch, wenn das Ende gelungen war, Band 2 wird ohne mich stattfinden.

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