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gwyn

Posted on 29.5.2023

«Ich hoffe, dass es mir in diesem Buch gelungen ist, die typischen Elemente der italienischen Küche vorzustellen. Lassen Sie sich von meinen Rezepten inspirieren und probieren Sie eigene Kreationen aus, ganz nach Ihrem Geschmack und Ihren Vorstellungen.» Gleich vorweg, dieser Band ist unbebildert. Mich stört das nicht, soweit die Rezepte mir neue Inspiration geben – eben nicht das Altbekannte widerspiegeln. Das Buch ist in Nahrungsgruppen eingeteilt: Pasta, Reis, Polenta, Hülsenfrüchte, Brot, Fisch und Meeresfrüchte, Schwein, Gemüse, Salate, Wildkräuter, Wildpilze und Trüffel, Käse, Obst, Nüsse, Eiscreme & Sorbets, Knoblauch, Kräuter, Wein, Essig, Oliven, Standard-Rezepte. Bereits diese Einteilung macht neugierig. Was wäre Italien ohne Pasta? Dafür gibt es gleich ein Grundrezept. Und die ersten Rezepte klingen neu. Tagliatelle mit Kürbis, eine Fisch-Timbale, Tonnarelli (so ähnlich wie Spaghetti, nur viel dicker) in Krabben-Tomaten-Sahne Soße! Es gibt ja italienische Köche, die behaupten, es gäbe in Italien keine Sahnesoße ... Anna del Conte hat das Gericht in einem Restaurant in Ligurien kennengelernt, wie sie berichtet. Mich hat die Pasta mit gegrillter Paprika gereizt: Semmelbrösel mit Kräutern und Chili rösten und die Pasta mit den abgezogenen, gegrillten Paprikas und Bröseln im Ofen backen. Die kurzen Kapitel Risotto und Polenta bringen nichts Neues. Aber eins habe ich wiedererkannt; die Frau von unserem Trainer stammte aus Südtirol und hat uns hin und wieder eine Polenta-Pizza gebacken … lecker. Hülsenfrüchte, wieder sehr kurz als Kapitel, nichts Neues in Sicht. Ob man für Kichererbsen aus der Dose, gemischt mit Rucola und Vinaigrette ein Rezept benötigt? Im Kapitel Brot, geht es nicht ums Backen, sondern, was man mit Resten alles anstellen kann. Es gibt sehr feine Rezepte für Fisch und Meeresfrüchte, nur ein Paar davon sind Klassiker; auch Pastarezepte sind hier enthalten. Im Kapitel «Schwein» wird speziell auf die «Cotechino» und «Luganega» eingegangen, Würste dem Norden, und «pachetta» – ein Kapitel, dass sich, typisch italienisch, eben nicht mit einem großen Stück Fleisch beschäftigt. Auch die Gemüseabteilung stellt hervorragende Kochrezepte vor, wobei Pasta, Risotto, Fleisch und Fisch sich untermischen. Ebenfalls kann sich das Kapitel Wildkräuter sehen lassen! Wir finden uralte Gerichte wie Brennnessel-Risotto, Pfannkuchen mit Brennnessel-Ricotta-Füllung. Mein Großvater aus Österreich hat gern mit Brennnessel hantiert – nur im Frühjahr, nur die Spitzen der jungen Triebe, so hat er mir beigebracht. Das Kapitel Pilze hält sich kurz und wir gehen über zum Käse, die in den wichtigen Sorten vorgestellt werden, dazu je mit 3-4 Rezepten. Das Gleiche gilt für das Obst. Unter dem Kapitel Nüsse werden die Mandel und die Esskastanie vorgestellt, die gar keine Nüsse sind! Doch die Rezepte sind prima. Ein kurzes Kapitel zum Eis, und vom Süßen geht es weiter zum Knoblauch – so kurz, dass es gut zum Thema Gemüse gepasst hätte. Warum die Wildkräuter in der Mitte platziert sind und nun soweit hinten das Thema Kräuter wieder aufgenommen wird, ist verwunderlich. Es beginnt mit Altbekanntem: Pesto, Scaloppine al basilico e limone, Minestrone genovese plus drei unbekannte Menüs, die gefallen. Zum Thema Wein drei Rezepte, wie auch zum Thema Essig, drei zur Olive und drei zum Olivenöl. Als Standartrezepte am Ende gibt es Brühen, Soffrito und Béchamelsoße. Es ist ein prima Kochbuch – manch einer wird Fotos vermissen, schrittweise Erklärungen; insofern würde ich es keinem Anfänger in die Hand drücken. Neben ein wenig Altbekanntem besticht das Buch aber mit neuen «alten» Rezepten, Traditionelles, was wir eben nicht in jedem Durchschnittsbuch finden – Rezepte der fast hundertjährigen Nonna von Anna del Conte und Inspiration ihrer Restaurantbesuche in Italien. Und für diese sehr schmackhaften Menüs lohnt sich die Anschaffung. Hier werden kleine Geschichten zum Ursprung erzählt, Lebensmittel vorgestellt im Plauderton. Und Anna del Conte erklärt, dass für das Gelingen von italienischen Gerichten zwei Dinge essenziell sind: hochwertige Zutaten und viel Liebe zum Produkt! Um Kapitel einzuteilen, kann man so oder so vorgehen, je nachdem, was man in den Vordergrund heben möchte. Was hier verlorengeht, ist die Systematik nach einem Produkt wie z.B. Pasta, Fisch, Huhn ... denn das ist querbeet verteilt, erscheint recht chaotisch. Das macht aber nichts, denn dass gut sortierte Register fügt sie zusammen: Unter Pasta sind sie alle aufgeführt. Die Kapitel sind teilweise extrem kurz, man hätte das ein oder andere bündeln können. Wer die italienische Küche liebt, wird hier auf jeden Fall fündig für eine neue Inspiration. Anna del Conte gilt als die Doyenne der italienischen Küche in Großbritannien. Sie ist 1925 in Mailand geboren und ging mit vierundzwanzig nach England. Mit ihren Kochbüchern gewann sie international renommierte Preise. Del Conte lebt mit ihrer Familie in Dorset.

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