Yvonne Franke
Liv Strömquist, die Königin des seltsamerweise ebenso nischigen wie populären Genres des feministischen Soziologie-Comic befasst sich in ihrem neuesten Werk mit dem Thema Astrologie und hat es natürlich, wie man es von ihr kennt, in seine gesellschaftlich relevanten Einzelteile zerlegt. Zunächst spaziert sie mit uns durch die innere und äußere Welt jedes Sternzeichens, charakterisiert sie und erzählt beispielhaft die Geschichten einiger typischer Vertreteri'nnen. Gern handelt es sich dabei um Prominente oder zumindest Personen mit besonders skurrilen Lebensgeschichten, die Strömquist Gelegenheit zur scharfzüngigen Gesellschaftskritik geben. Da ist zum Beispiel der typische Löwe Arthur Sackler, dessen Pharmaunternehmen das Heroin-Derivat Oxycontin vermarktete und damit in den USA eine Opiat-Krise auslöste, der aber außerdem ein Shopaholic war, der nicht aufhören konnte antike Kunst einzukaufen. Oder die typische Waage, die uns so bezaubert, dass uns entgeht, wie sie uns nebenbei aufs Kreuz legt. So wie zum Beispiel Gwyneth Paltrow, die über einen Online-Shop sogenannte Self Care Produkte vermarktet. Laut Strömquist ein "völlig aus dem Ruder gelaufener Love-Scam". Doch auch soziologische Thesen Adornos zum Thema Astrologie werden zerlegt und neu wieder zusammengesetzt. Ist die Welt so kompliziert und abstrakt für uns geworden, dass wir uns in immer neue Wahnsysteme flüchten? Kann Astrologie ein harmloser Spaß sein? Ist sie ein ernstzunehmender Ratgeber? Oder ist sie vielleicht sogar gefährlich, macht sie uns zu Narzissten? Liv Strömquist zeigt all diese Möglichkeiten auf und eröffnet dann einen neuen bunten Raum zum Selberdenken.