Yvonne Franke
Rafa ist 19 als sie ihr Elternhaus verlässt. Es ist kein fröhliches der Welt Entgegenfiebern. Rafa ist vorgewarnt. Sie weiß, "dass sich das Leben einer Frau jederzeit in einen Tatort verwandeln kann". Außerdem sind es nicht ihre eigenen Zukunftswünsche, die sich nun erfüllen könnten. Als Saisonarbeiterin in einem zwar vereinsamten aber traditionsreichen Hotel in den Alpen, soll sie zu einer brauchbaren Erwachsenen gedrillt werden, einer dienenden Frau. Ebenso acht weitere junge Frauen, mit denen Rafa bald eine innige, existenzielle Freundschaft verbindet. Gemeinsam fügen sie sich den strengen Erziehungsritualen und bewirtschaften ein Hotel, das niemand braucht. Bis eines Tages eine von ihnen verschwindet. " Man stellt sich ein Hotel als einen Ort für Menschen vor, aber so war das Olympic nicht. Im Olympic waren das Klappern und die Düfte wie eine Heimsuchung oder eine flirrende Erinnerung in den Wänden eingeschlossen." Die schwedische Autorin Johanna Lykke Holm ist eine besondere Entdeckung, die wir dem noch jungen Aki Verlag zu verdanken haben. In ihrer Gothic Novel "Strega" strickt sie eine dunkle, poetische Welt, in der alle Sinne angeregt werden. Ein Text, den man intensiv schmecken und riechen kann, der fast aufdringlich ist in seiner Schönheit. Es ist, als wäre man in einer Parallelwelt gelandet, in der man zwar alle Details wieder erkennt (die Pflanzen, das Licht, die Kräuter auf der Zunge), sie aber neu zu deuten lernt. Und in all dieser Poesie steckt eine feministische Bestandsaufnahme. Eine Inventur der zu erwartenden Schmerzen, Tagebuchartig dokumentiert. Sinziana Ravini vergleicht "Strega" mit Filmen wie "Melancholia" oder "The Virgin Suicides". Das ist nachvollziehbar. Tatsächlich sieht man alles so genau vor sich, dass das Leseerlebnis einem Kinobesuch ähnelt – aber wie riechen und schmecken diese Filme?