Matzbach
Angelos Chaniotis, Althistoriker in Princton und zuvor auch in Heidelberg tätig, bringt in seiner Studie "Die Öffnung der Welt. Eine Globalgeschichte des Hellenismus" interessante Sichtweisen ins Spiel. Für ihn endet die Epoche eben nicht wie für viele andere mit dem Untergang des letzen Diadochenreiches mit Kleopatra, sondern er definiert als ihren Schlusspunkt den Tod Kaiser Hadrians im Jahr 138 n. Chr, also erst gut 170 Jahre später. Der Grund ist einleuchtend, denn das Interesse der Römer für die griechische Kultur (und die Strukturen, die sie in den eroberten Gebieten vorfanden) ist bekannt. Mit dem Eroberungszug Alexanders beginnt die Phase des Hellenismus, d.h der Ausbreitung der griechischen Kultur und der Griechen selbst in den dadurch unterworfenen Gebieten. Die zahlreichen Städtegründungen Alexanders von Ägyten bis Indien sind hinlänglich bekannt, und in jeder ließen sich griechische Ex-Soldaten und griechische Kaufleute nieder, sodass Griechisch so etwas wie die lingua franca im kleinasiatisch/ägyptischen Raum wurde. Doch bekanntlich zerfiel das Alexanderreich kurz nach seinem Tod in die diversen Diadochenreiche, die sich, in wechselnden Koalitionen, immer wieder untereinander bekämpften, gemeinsame Wurzeln hin oder her. Aber das ist eigentlich nichts Neues, hatten sich doch schon im klassischen Griechenland die Poleis untereinander immer wieder im Kriegszustand befunden. Insofern war die Eroberung/Inbesitznahme durch die Römer (die Wege ins Imperium Romanum waren durchaus unterschiedlich) faktisch ein Glücksfall für die Griechen, die sich nun unter den Spielregeln der Pax Romana nicht mehr gegenseitig meucheln konnten. Das wiederum hatte eine erneute Blüte der griechischen Kultur im römischen Reich zur Folge, die sich nicht nur im Philhellenismus einzelner römischer Kaiser wie Nero und eben Hadrian zeigte. Alles in Allem beinhaltet die Studie, mittlerweile in der Wissenschaftlichen Buchgesellschaft auch als Paperback erwerblich, eine höchst anregende Auseinandersetzung mit der Zeit des Hellenismus