bine
Es geht um Fiktion und Wahrheit, um Liebe und Verlust in Martin Suters Roman „Melody“. Der wohlklingende Titel ist gleichzeitig der Name einer vor langer Zeit verschollenen Frau, die kurz vor der Heirat mit Nationalrat Dr. Peter Stotz stand. Seit 40 Jahren sucht er nach ihr, nun ist er 84, sehr reich und schwer krank, und er weiß, dass er nur noch kurze Zeit zu leben hat. Um seinen umfangreichen schriftlichen Nachlass zu ordnen, und um manch unliebsame Unterlagen zu vernichten, stellt er den arbeitslosen jungen Juristen Tom Elmer ein. Doch es bleibt nicht bei der rein geschäftlichen Beziehung, der alte Mann vertraut dem Jüngeren nach und nach seine unglückliche Liebesgeschichte an. Und in Tom Elmer erwacht die Neugier auf den Verbleib der geheimnisvollen schönen Unbekannten. Zusammen mit Stotz‘ Großnichte und Alleinerbin Laura stellt er Nachforschungen an. Dabei stossen sie auf immer neue Widersprüche und Geheimnisse. Martin Suter erzählt diese Geschichte in seiner gewohnt unaufgeregten, eleganten Art. Er lässt die Personen lebendig werden und beschreibt mit einem Augenzwinkern das mondäne Umfeld, in dem Dr. Stotz lebt. Er kredenzt seinen Lesern feinste italienische Speisen, allerdings auch viel Alkoholisches. Kurz, man fühlt sich so, als säße man in einem unsichtbaren Sessel in der Villa am Zürichsee und hörte, rieche, sehe alles mit an. Die Handlung beginnt gemächlich und nimmt dann Fahrt auf, immer neue Wendungen halten die Spannung aufrecht. Das Ende ist zwar überraschend, aber durchaus stimmig. Ich habe jede Seite dieses Romans genossen und empfehle ihn gern weiter.