wandanoir
Ein Beitrag zum Nahostkonflikt und seinen Auswirkungen Der Autor ist Direktor der Bildungsstätte Anne Frank in Berlin, stammt aus Israel und leistete dort Wehrdienst. Er ist, im besten Sinne verstanden, von Haus aus ein politischer Mensch. Meron Mendel vermittelt mir in diesem kleinen Büchlein durchaus Informationen, die mir nicht bekannt sind, was daran liegt, dass ich weder in der sogenannten linken intellektuellen Bubble verkehre noch in der rechtsnationalen. Dort, wo man besonders woke ist, ist man auch besonders israelkritisch. Oder antisemitisch. Es ist nicht so leicht, die Begriffe voneinander zu unterscheiden, oft geht eins ins andere über. In der linken Szene ist man pro Palästina, in der rechten pro Israel. Sagt Mendel. Der Autor erläutert die Entstehung dieser hauptsächlich politischen Haltung. Die Bewegung der Wokeness unterläuft die besondere Schwere und besondere Bedeutung des Holocaust und beschäftigt sich nicht mit der Entstehungsgeschichte des Staates Israel. Es zählt momentan nur Antirassismus und da Israel ja aus privilegierten Weißen bestünde, sei es in erster Linie als Imperialmacht zu werten. Dass die Palästinenser sich mit spielender Leichtigkeit jedem anderen arabischen Staat anschließen könnten, wenn sie denn nur wollten, kommt weder dem Autor noch den Wokeisten in den Sinn. Statt dessen vererbt sich der Flüchtlingsstatus von Generation auf Generation. Eine absurde Situation! Die Israelis aber können nirgendwo hin. Die verhärteten Seiten reden nicht nur nicht miteinander, so dass man sich vielleicht doch irgendwie verstehen könnte und merken, dass jede Partei aus Menschen besteht und nicht aus Feinden, sie sorgen zusätzlich dafür, dass die „anderen“ von öffentlichen Veranstaltungen ausgeschlossen und ausgeladen werden. Diese Art von Kulturkampf ist in der Tat nicht nur in Deutschland eine äußerst bedenkliche Keule geworden, die gerne geschwungen wird. Besonders von den Woken allerdings. Wer nicht meiner Meinung ist, denn will ich gar nicht anhören müssen. Und andere Menschen sollen deren Meinungen auch nicht zu Gehör bekommen. Die Wokeisten spielen sich als Definitionsmacht dessen auf, was Rassismus sei. Als Kulturpolizisten. Meron Mendel erklärt unter anderem die Ziele der BDS Bewegung - Boykott, Desinvestitionen und Sanktionen Israels - und stellt sie in einen größeren Zusammenhang, „BDS wirkt weltweit anziehend auf Antisemiten“, geht auf das Geschehen auf der Documenta 15 im Jahr 2022 ein, zeigt zahlreiche Beispiele von gegenseitiger einseitiger Wahrnehmung auf. Dabei verkleinert er die Probleme der Palästinenser nicht, weil eine Besatzungsmacht nun einmal eine Besatzungsmacht ist! Vor allem aber meint Mendel, dass sich für die Lösung des Nahostkonflikts kaum jemand ernsthaft interessiere; es gehe um Opferranking, Deutungsmacht und um politische Instrumentalisierung. Israel diene dabei als Projektionsfläche. Vor allem Deutsche positionierten sich pro Israel lediglich, um Whitewashing von der Nazivergangenheit zu betreiben und sich als Humanisten aufzuspielen. Dabei übersieht er freilich eines: die eigentlichen Täter sind längst im Nirwana verschwunden. Eine Distanzierung vom Geschehen des Zweiten Weltkriegs und vom Holocaust ist insofern eigentlich nicht mehr notwendig. Es sei denn, man frönt der Sippenhaftung. Fazit: Informativ und lesenswert, allerdings bubblelastig und mit deutlichen Ressentiments gegenüber Deutschland. Kategorie: Politisches Buch Verlag: Kiepenheuer & Witsch, 2023