herbstrose
Ein leidenschaftliches Leben „Unser Leben währet siebzig Jahre, und wenn's hoch kommt sind es achtzig Jahre“ (Psalm 90, Vers 10) – Violeta ist bereits einhundert Jahre alt als sie die Briefe an ihren Enkel Camilo, einem katholischen Priester, über ihr Leben verfasst: Im Jahre 1920, als sie geboren wurde, herrschte Pandemie, die Spanische Grippe ging um – 2020, im Jahr in dem sie sterben wird, herrscht wieder Pandemie, Corona. Zunächst in der Hauptstadt in begütertem Elternhaus mit englischem Kindermädchen aufgewachsen, musste sie bereits als Kind in ihrer südamerikanischen Heimat viel erleben. Weltwirtschaftskrise, Umsturz und Diktatur zwangen die Familie zur Flucht ins Exil nach Nahuel, einer entlegenen Gegend im kalten Süden des Landes. Sie schreibt über ihre frühe Ehe mit Fabian, einem deutschen Einwanderer, berichtet ohne Scheu über ihre exzessive Leidenschaft zu Julián, von dem sie zwei Kinder bekam, erzählt von anderen kurzen oder längeren Affären und von ihrem ehrgeizigen Aufstieg zur erfolgreichen Geschäftsfrau. Sie schildert den Tod ihrer drogenabhängigen Tochter und wie sie sich danach um ihn, ihren Enkel, kümmerte … Isabel Allende, 1942 in Lima, Peru, geboren, verbrachte nach der Trennung ihrer Eltern 1945 den größten Teil ihrer Kindheit bei ihrer Mutter in Santiago de Chile. Von ihrem 18. Lebensjahr an arbeitete sie als Journalistin. Isabel Allende ist die Nichte des ehemaligen chilenischen Präsidenten Salvador Allende, der 1973 bei Pinochets Militärputsch erschossen wurde. 1975 ging Isabel Allende ins Exil und schlug sich mit verschiedenen Tätigkeiten durch, bis sie 1982 ihren ersten Roman, den Welterfolg "Das Geisterhaus" herausbrachte. Isabel Allende lebt heute in Kalifornien. Etliche der in „Violeta“ behandelten Themen kennen wir bereits aus anderen Romanen der Autorin. Politische Umbrüche, Militärputsch, Diktatur, verschwundene und vermisste Menschen und die Entdeckung von Massengräbern - um nur einige zu nennen. Gescheiterte Ehe, leidenschaftliche Liebe, Tod der Tochter, Leben in Kalifornien und eine Stiftung um in Not geratene Frauen zu unterstützen sind vermutlich an Allendes eigenes Leben angelehnt. Die Familiensaga über vier Generationen ist packend und mitreißend geschrieben, etliche der Schicksale gehen unter die Haut und wechseln sich mit oft unfreiwillig komischen Szenen ab – ein leichter, plaudernder Erzählstil ist vorherrschend, sowohl Landschaft als auch die Protagonisten sind bildhaft und lebendig beschrieben. Fazit: Das Leben einer interessanten Frau und ein Stück Zeitgeschichte – lesenswert!