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gwyn

Posted on 12.3.2023

Der erste Satz: «Die Liebe zur Wurstverkäuferin war nicht schön.» Die Lehrerin Franziska Steinbrenner schlägt sich lustlos mit ihren schwierigen Schüler:innen in einer Brennpunktschule herum. Der Polizist Philip Hoffmann wird von seiner Geliebten erpresst, mit der er Schluss machen will. Er muss verhindern, dass ihm diese Liaison nicht um die Ohren fliegt, denn er wird im nächsten Monat Vater. Ein frustrierter Mann hat sich in seiner Wohnung verbarrikadiert und sinnt nach Rache an der Gesellschaft. Neben ihm lehnt ein Sturmgewehr mit 42 Kugeln im Magazin. Drei Menschen, deren Leben miteinander verwoben sind. Sie kennen einander nicht, aber ihre Wege werden sich auf fatale Weise kreuzen. «Die gegenseitigen Vorurteile scheinen derart tief im kollektiven Gedächtnis verankert zu sein, dass sie als Streitschlichterin auf verlorenem Posten steht.» Toxische Männlichkeit, ein Leitthema – menschliche Abgründe. Die Lehrerin Franziska Steinbrenner unterrichtet in einer Hauptschulklasse und steht dem täglichen Stress in einer multikulturellen Klasse mit rivalisierenden Nationen fast machtlos gegenüber. Kleine Männer, die sich Tag für Tag anstänkern, ein wiederholendender Appell an die Wichtigkeit der Bildung läuft im Leerlauf. Lediglich ein fleißiges Mädchen sticht heraus, aber auch damit kann die Lehrerin nicht umgehen. Philip Hoffmann hat sich auf ein kurzes Sexabenteuer eingelassen, das er beenden will – er möchte ein guter Familienvater sein. Doch diese toxische Geliebte hat Gefallen an ihm gefunden und droht ihm, der Ehefrau den Mailverkehr weiterzuleiten, wenn er die Beziehung beendet. Der Amokläufer ist ein namenloser frustrierter Wutbürger und Verschwörungstheoretiker, der unter Geräuschen leidet – kleinste Töne jeder Art machen ihn wahnsinnig, ein Erbe aus seiner schrecklichen Kindheit. «Ist doch egal, ob ich mit vierzig oder sechzig abkratze. Wen kümmert’s? Aber wenigstens bekomme ich noch ein paar schöne Schlagzeilen.» Frauenfeindlich, rassistisch, ein echter Widerling. «Mein Herz klopft wie verrückt und mein Körper ist von Schweiß bedeckt. Mich ekelt vor mir selbst und ich hasse mich. Fettsack. Fette Sau. Aber es gibt kein Zurück mehr. Was geschehen ist, ist geschehen. Der Tod kann mich am A... lecken.» Ein fieser Plot, besetzt mit unsympathischem Personal – aber in der Summe recht realitätsnah. Von Anfang an ist klar: Das hier läuft auf ein Drama hinaus. Aufgebaut wie ein Filmmanuskript, nimmt dieser Thriller drei Hauptpersonen und ein paar Nebenfiguren heraus und zoomt abwechselnd in ihr Leben, in ihre Gedanken. Am Ende werden sich ihre Wege im Amoklauf kreuzen. Prosa – voll ins Klischee gefasst mit den Dialogen, aber sie wirken sie trotzdem verstörend echt. Kids ohne Hoffnung, eine Lehrerin, die eigentlich schon aufgegeben hat, ein Bulle auf dem Alkoholtripp mit Tötungsfantasien, um den sich eine Venusfalle schließt, ein Kotzbrocken, der sich in seiner Wut suhlt; Fischfutter im Aquarium ... Ein spannender Plot, nichts für feine Ohren und und zarte Gemüter. Ein Noir-Thriller mit Ekelpotential – der Schauer, der beim Lesen über den Rücken läuft: Wer weiß, welche Typen vor meiner Haustür herumlaufen ... Feine Kriminalliteratur, Empfehlung! Kurt Palm, 1955 in Vöcklabruck geboren, lebt als Autor und Regisseur in Wien. Palm wurde mit der gefeierten TV-Produktion »Phettbergs Nette Leit Show« (1994-96) bekannt. Sein Bestseller »Bad Fucking« (Residenz 2010) wurde 2011 mit dem Friedrich Glauser-Preis für den besten deutschsprachigen Krimi des Jahres ausgezeichnet und war auch als Film erfolgreich.

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