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«Georgette war eine recht gute Umarmerin, doch ihr Hals war so lang, dass der Kröterich von ganz oben bis tief nach unten hinabrutschte.» Dieses herrliche Kinderbuch – ist es überhaupt für Kinder gedacht? Na klar! Der Erwachsene wird sich bestens amüsieren, sie alten Philosophen wiederfinden. Konrad Kröterich von Keks lebt allein und liebt es, sich mit seinem Spiegelbild zu unterhalten und staunt, was für ein amüsanter Gesprächspartner er doch ist. Sogar gegenüber seinem Bett hat er einen großen Spiegel aufgehängt. Doch eines Tages dürstet es ihn nach einer Umarmung. Natürlich kommt für ihn nur die beste Umarmung in Frage! So macht er sich auf den Weg, sie zu finden. Doch Giraffe Georgette hat einen zu langen Hals, an dem er gleich herunterrutscht. Goldfisch Geri ist nass und glitschig. Weiter geht es zu vielen anderen Tieren. «Gepflegter Kröterich sucht nach einem Gegenüber für die vollkommene Umarmung. Du bist nicht zu groß, zu glitschig, zu wild, du bist nicht gefährlich, beißt oder stichst nicht und verbringst deine Zeit nicht hauptsächlich über Kopf, dann triff dich mit mir an diesem Samstag im Stadtpark zu einer unverbindlichen Umarmung.» Schon mal ein Stachelschwein geknuddelt, eine Spinne, eine Krake oder einen wilden Tiger? Konrad ist verzweifelt, keine Umarmung fühlt sich gut an. Doch da kommt ihm eine Idee! Er gibt in der Zeitung eine Anzeige auf, bittet alle Tiere, in der Stadtpark zu kommen, ihn zu umarmen. Wird er hier die vollkommene Umarmung finden? Lange Schlangen bilden sich vor Konrad, der ganz steif in seinem englischen, braunen Tweedanzug und weißem Hemd auf einem Schemel steht – jeder will ihn umarmen. Aber der richtige Kandidat findet sich nicht. Doch Konrads Umarmungsversuche scheinen ansteckend zu sein. Plötzlich umarmen sich alle Tiere im Park und Konrad Kröterich mittendrin wird in die Umarmungsorgie hineingezogen. Da wird ihm bewusst, «dass es bei einer Umarmung nicht darauf ankommt, festzuhalten, sondern loszulassen». Am Ende hat uns Korad ein Nachwort gegeben: Sein Buch, «Die Kunst der Umarmung» wurde ein Bestseller und er gibt uns den Tipp: «Träume nicht – umarme!» Ein Buch mit Tiefgang. Werden es die Kinder verstehen? Wahrscheinlich nicht. Aber das ist letztlich egal. Die Zeichnungen von Anke Kuhl im Aquarellstil sind witzig und spritzig, machen Spaß! Allein die Gesichtsausdrücke der Figuren sind phänomenal. Die Vorstellung, die sich innerlich beim Lesen breitmacht, kommt auch bei Kindern an. Ein herrlich schräges Bilderbuch! Der Sauerländer Verlag gibt ein empfohlenes Lesealter ab 4 Jahren an. Aber auch die Erwachsenen werden ihren Spaß haben! Empfehlung! Oren Lavie, geboren 1976 in Tel Aviv, ist Komponist, Musiker und schreibt Theaterstücke. Sein erstes Bilderbuch »Der Bär, der nicht da war«, illustriert von Wolf Erlbruch, erschien 2014 im Verlag Antje Kunstmann. Die Geschichte von Konrad Kröterich ist sein zweites Kinderbuch. Anke Kuhl, geboren 1970, studierte Freie Bildende Kunst an der Universität Mainz und Visuelle Kommunikation an der Hochschule für Gestaltung in Offenbach. Seit 1998 arbeitet sie freiberuflich als Illustratorin in der Ateliergemeinschaft »Labor«. Anke Kuhl wurde mit dem Troisdorfer Bilderbuchstipendium, dem Eulenspiegel-Bilderbuchpreis sowie 2011 mit dem Deutschen Jugendliteraturpreis ausgezeichnet. Mit zwei Kindern, Mann und Katze lebt sie in Frankfurt am Main. Literaturpreise: 2011: Deutscher Jugendliteraturpreis