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seeker7

Posted on 8.3.2023

Karsten DUSSE hat mit „Achtsam Morden“ eine eigene Marke geschaffen, mit internationalem Erfolg. Nach einem ersten Abbruch hier der zweite Versuch einer Annäherung. Als Protagonist lässt der Autor einen Rechtsanwalt auftreten, der seinen Lebensunterhalt durch die Verbindung zum organisierten Verbrechen bestreitet. So lebt er in einer Art Grauzone zwischen einem Mainstream-Leben als getrennt lebender Vater und Ex-Ehemann und als Edel-Ganove, der sich nach Bedarf den (kriminellen und gewalttätigen) Ressourcen seiner Organisation bedienen kann. DUSS setzt auch auf anderen Ebenen auf ungewohnte Kontraste und hat so jede Menge Aufmerksamkeit auf seine Romane gezogen: Er verbindet Versatzstücke aus der Psycho-Welt – Coaching, Therapie, Achtsamkeitskult – mit gewaltvollen (mörderischen) Handlungen gegenüber Gegnern, die auch aus dem kriminellen Milieu stammen (und daher offenbar keiner Schonung oder Mitgefühl bedürfen). Sein Erfolgsschlüssel liegt also in der überraschenden und befremdlichen Anwendung von Prinzipien der sanften Psycho-Szene auf handfeste Gewaltausübung. Das Ganze ist eingebettet in eine egozentrisch-ironisch-zynische Grundhaltung des Protagonisten gegenüber seinen Mitmenschen. Die Grundbotschaft lautet: Man kann also achtsam böse sein! Gleichzeitig beinhaltet der zu opulenten Detailschilderungen neigende Schreibstil Von DUSS eine augenzwinkerndes Distanzierung zu den Inhalten – so dass man das Ganze natürlich auch als einen tollen Spaß in Richtung „Schwarzer Humor“ betrachten kann (was die meisten Leser/innen vermutlich auch tun). In dem hier besprochenen Buch geht es um die Bhagwan- und Tantra-Szene. Der Anwalt gerät zufällig in eine dramatische Verwicklung, da sein Achtsamkeits-Coach plötzlich von seiner Bhagwan-Vergangenheit eingeholt wird. DUSS konstruiert auf diesem – reichlich ausgeschmückten – Hintergrund eine Art Krimihandlung, die natürlich wieder einen geschickt inszenierten Mord beinhaltet. Die Perfektion dieses Verbrechens und seine Vertuschung werden mit einem sarkastischen Zynismus zelebriert. Man kann diesem Buch natürlich nicht jeden Unterhaltungswert absprechen. Es gibt so etwas wie Situationskomik, unerwartete Wendungen und sicher auch ein paar treffende und entlarvende Beobachtungen der von DUSSE besonders gerne bloßgestellten Milieus. Dazu gehören z.B. auch die „Öko-Spinner“ mit ihren Lastenfahrrädern und E-Autos (denen vermutlich auch der Autor selbst eher kritisch gegenübersteht). Um den Hype um dieses Genre nachvollziehen zu können, muss man aber wohl etwas anders gestrickt sein als ich. Man muss grundsätzlich dazu bereit sein, Zynismus, Gewalt und Mord in einem bestimmten Kontext „witzig“ zu finden. Ich will das keineswegs moralisch verurteilen – es gibt eben unterschiedliche Arten von Humor und nicht jede/r ist so hypersensibel, die Inhalte solcher Bücher als letztlich doch eine Spur „menschenverachtend“ zu empfinden. Das ist ganz sicher Meinungssache. Ich jedenfalls brauche keinen weiteren Einblick in die Welt des achtsamen Mordens.

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