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marcello

Posted on 22.2.2023

Ah, Ava Reed, was machst du nur mit mir? Ich habe die „Whitestone Hospital“-Reihe von der Ankündigung weg geliebt, eben weil ich so viele Arztserien schauen und es also genau mein Metier ist. Aber der erste Band hat es mir schon schwer gemacht, so dass ich anschließend gehofft habe, dass sich die Komposition aus Krankenhausalltag und Liebesgeschichte erst noch einpendeln muss. Aber leider kann ich nicht bestätigen, dass „Drowning Souls“ eine Steigerung darstellt. Die Probleme bleiben also dieselben, nur dass ich sogar noch glaube, dass die Voraussetzungen hier besser waren, dennoch aber nicht genutzt werden. Im ersten Band war mir Privatleben und Abarbeiten von Krankheitsbildern zu abgehackt nebeneinander, aber mit ihrem fiesen Cliffhanger hat Reed eigentlich alles grandios vorbreitet. Deswegen fand ich den Einstieg so spannend, weil es durch die Einbindung des Personals als Patienten sofort emotionaler war. Ich habe mit allen gefühlt, wie sie geliebte und respektierte Menschen behandeln musste und dann eben speziell über Sierras Perspektive, wie sie Mitch helfen muss. Doch nach der Rettung kam so ein Bruch, den ich nicht verstanden habe. Denn Mitch muss gefühlt mehr oder weniger für sich selbst genesen, dabei wäre es doch gerade interessant gewesen, ihn als Patienten intensiv zu begleiten. Zudem hat es mich gestört, dass in der Zeit die heimlichen Besuche von Sierra beschrieben wurden und einer von Laura und Grant, aber ansonsten? Da ich mir einfach vorgestellt habe, dass sie eine schnell eng zusammengewachsene Truppe sind, hat mich das ehrlich gesagt ziemlich enttäuscht. Auch später, als Mitch längst wieder im Dienst ist, hat mir das einfach gefehlt. Denn er wird sein Leben lang gezeichnet sein und dennoch spricht keiner drüber. Auch wenn er verständlicherweise lange nicht selbst darüber reden konnte, aber ich fand die ganze Atmosphäre wenig emphatisch. Da diese Vorlage dann nicht genutzt wurde, blieb der Rest dann erst recht wie im ersten Band, denn auch der Alltag in der Notaufnahme, der am meisten über Sierra abgebildet wird. Da geht es fast eigentlich nur darum, lustige und absurde Fälle zu schildern, die einfach abgearbeitet werden. Der einzige Patient, mit mehr Tiefe ist dann Mr Joon, der für Mitch wichtig wird. Das war für mich definitiv ein Ansatz, wo ich sagen würde, DAS ist es, damit muss mehr gearbeitet werden, weil es sofort emotionaler und nachvollziehbarer wird. Privat kommt dadurch wieder etwas zu kurz, denn man merkt auch, dass durch die Liebesgeschichte ein wenig gesprintet wird. Auch wenn es im ersten Band natürlich Vorbereitungen gab, aber ich wollte es im Hier und Jetzt inniger haben. Dazu kommt hinzu, dass Sierra eine komplizierte Person ist, die man nicht einfach ins Herz schließen kann. Mitch ist ein wahrer Herzensmensch, weswegen es auch schade ist, dass es ihm ähnlich wie Nash im ersten Band ergeht, denn die Männer kommen einfach kürzer. Aber Sierra ist jemand, der unnahbar ist, der immer lieber erstmal austeilt und dann erst nachdenkt und die dazu einen bissigen Humor ist. Das ist nicht unbedingt eine Kombination, die ich sympathisch finde. Natürlich ist es ein Schutzmechanismus, denn man sieht ja, dass sie weiche Seiten hat und dennoch ist es schwer, die Geschichte durch ihre Augen zu begleiten. Das erschwert automatisch auch etwas die Liebesgeschichte. Eins möchte ich da aber noch hervorheben, die erste intime Szene mit ihren Nachwirkungen hat mir sehr gut gefallen, weil es sensibel und realistisch war. Das ist bei erotischen Szenen nicht immer selbstverständlich, daher ziehe ich hier meinen Hut. Fazit: Die Hälfte der „Whitestone Hospital“-Reihe ist abgeschlossen und ich muss ehrlich gestehen, dass ich nicht weiß, ob ich sie weiterhin verfolgen werde. Denn die Vereinbarkeit von Krankenhausalltag und Privatleben/Liebesgeschichte bleibt für Ava Reed eine große Herausforderung bzw. sie legt einfach einen anderen Schwerpunkt, als ich es mir wünschen würde. Das fand ich im zweiten Band in der Zusammenstellung sogar nochmal etwas schwächer als im ersten. Das ändert nichts an Reeds Erzählqualitäten und sollte es für mich wirklich vorbei sein, dann werde ich bei anderen Projekten die Augen sofort wieder offenhalten.

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