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sursulapitschi

Posted on 20.2.2023

Mein Eindruck von diesem Buch ist ein bisschen zwiespältig. Markus Orths Schreibstil ist genial. Hier fällt man direkt ins Buch. "Eine Mütze Moos wächst in die Zeit: So wird dem Grabstein nicht kalt am Kopf." So etwas ist wunderwunderschön und macht großen Spaß. In dieser Hinsicht ist dieses Buch eine einzige Freude. Es ist erschütternd gut geschrieben, allerdings ist die Lektüre auch fordernd. Auch die Tatsache, dass sie alle Mary, Jane oder Mary-Jane heißen, macht es nicht leichter. Die Geschichte selbst hat anfangs erstaunlich viele Parallelen zu „Little Women“. Zwei Schwestern sind kunstbesessen, insbesondere vom Schreiben, und lieben beide den gleichen Mann, einen jungen Dichter, einen Schöngeist aus gutem Hause, der sie inspiriert, anspornt, aber auch dazu anstiftet, den Pfad der Tugend zu verlassen. Als sie sich kennenlernen sind sie fast noch Kinder, Mary ist gerade 16. Sie bilden eine ganz ungewöhnliche Mé­nage-à-trois, bei der durchaus auch Drogen im Spiel sind und man nicht genau weiß, sind sie jetzt überspannte Kinder oder originelle Freigeister, aber gut, wer versteht schon Künstler. Genau das ist mein Problem mit diesem Buch. Natürlich sind sie ein originelles Gespann, Percy & Mary & Claire, aber ich sehe in all diesen Überspanntheiten die Menschen nicht wirklich. Selbst der abgehobenste Künstler trägt Baumwollsocken. Dieses Trio lebt in Wolken, vermutlich brauchen sie gar keine Strümpfe. Gegen später, wenn das Geschehen ein bisschen im Zeitraffer voranschreitet, bekommt Mary Kinder über Kinder, kaum hat man sie gesehen sind sie schon tot. Und irgendwann zwischendurch hat sie dann tatsächlich den „Frankenstein“ geschrieben. Wann genau kann man in dem Wust gar nicht mehr sagen. Es müsste noch vor den Kindern gewesen gewesen sein, oder? Natürlich könnte ich das nachsehen, aber hätte das Buch mir das hinlänglich nahegebracht, wüsste ich das jetzt. Ist sie noch zu Lebzeiten super berühmt geworden? Vielleicht stand das sogar irgendwo, aber es geht unter in einem höchst kunstvollen Ende. Trotz der wundervollen Sprache hat mich dieses Buch nicht richtig gepackt. Gerade das ist wirklich bedauerlich, weil ich genau weiß, dass Markus Orths grundsätzlich genial Personen zeichnen kann. Sein „Max“ war auch kein einfacher Mensch, aber den konnte man gut verstehen. Ich habe durch diese Lektüre die Familie Shelley ein klein wenig kennengelernt, hatte mir aber gewünscht, dass wir Freunde werden.

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