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Posted on 8.2.2023

Wer ist hier wem ausgeliefert? “Ihr Handlungsspielraum war groß, ihre Übersicht dagegen minimal.” (S. 62) Andreas Stichmann schickt uns mit Claudia Aebischer nach Nordkorea zunächst mit samt einer Delegation junger ambitionierter Journalisten, die über die Eröffnung der deutschen Bibliothek in Pjönjang das gleiche Geschwaffel schreiben würden wie so viele vor ihnen schon. Claudia Aebischer wird länger bleiben und sich um die Bibliothek in den anfänglichen Tagen kümmern. Und um Claudia Aebischer wird sich Sunmi kümmern, da sie als sprachenaffine Gelehrte des Tourismusbüros hier nahe an der Ausländerin dran sein kann. Die beiden kommen sich näher und die Verstrickungen werden mehr. „Glück und Scham lagen dicht beisammen.“ (S.14) Andreas Stichmann hat mich auf weniger als 200 Seiten sprachlich stark mit auf eine Reise nach Nordkorea genommen, die so viele gute Bilder und Gedanken hat, dass ich wirklich sehr begeistert bin vom Roman. Auf jeden Fall wurde dieser Roman berechtigt auf die Longliste des Deutschen Buchpreises 2022 genommen. “Angetrieben hatte sie weniger die Verbesserung der Welt als mehr die Sehnsucht nach Bestätigung.” (S. 67) Mich persönlich haben besonders drei Aspekte des Romans angesprochen: 1) Die Sprachkunst mit der hier jeder Satz in die richtige Form gebracht wurde, 2) eine andere Herangehensweise an das Innenleben eines so brutal geführten Landes und 3) die Beziehung der beiden Protagonisten mit all ihren Dynamiken und Beweggründen. „Der Mensch sei gut, die Wissenschaft klasse, die Zukunft ein Bilderbuch, sagte die Diktatur.“ (S 117)

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