Merle
Danke an Vorablesen und den Beltz Verlag, die mir ein Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt haben. Meine Meinung ist davon unabhängig. „Ruhm und Verbrechen des Hoodie Rosen“ – ein sehr dramatischer Titel (im Englischen ist es „Life and Crimes“, also mit Ruhm hat das Buch auch wenig zu tun, aber Crimes/Verbrechen kommen schon vor). Und das Buch ist dramatisch, weshalb ich es schade fand, dass es keine Triggerwarnung gab. Worum geht es? Wir begleiten Jehdua „Hoodie“ Rosen, der in einer ultraorthodoxen jüdischen Familie aufwächst und sich mit der „Außenwelt“ konfrontiert sieht. Er lernt Anna-Maria, die Tochter der Bürgermeisterin kennen, die jedoch keine Jüdin ist. Diese Freundschaft führt zu Konflikten mit seiner Familie und seiner Gemeinde. Ich habe meinen Freiwilligendienst nach dem Abitur in Jerusalem absolviert und habe dort natürlich ultraorthodoxe Juden und ihre Lebensweisen gesehen. Deshalb kann ich aus meiner Sicht auch sagen, dass das Buch diese Situation perfekt wiedergespielt hat. Auch wenn viele Gebote unglaublich absurd klingen und einen beunruhigen: das hat der Autor sich nicht ausgedacht, das ist die Lebensrealität für diese religiöse Gruppierung. Der Schreibstil ist passend zur Altersgruppe eher jugendlich und es hat sich schnell und angenehm lesen lassen. Auch die Seitenzahl von 220 Seiten begünstigt ein schnelles Durchlesen! Natürlich wird in dem Buch auch das Thema Antisemitismus behandelt (steht ja auch mit im Klappentext), aber es ist doch erschütternd, welches Ausmaß die antisemitischen Taten genommen haben. Wobei das ja auch leider Realität ist… Ich finde, dieses Buch hat so zwei Aspekte: einerseits die Darstellung vom orthodoxen jüdischen Leben, die in meinen Augen extrem gelungen war. Und eine Liebesgeschichte, die mir aber zu kurz gekommen ist. Deshalb kann ich dazu auch nicht viel sagen. Die Ängste und Probleme, die Hoodie und Anna in ihrer „Beziehung“ sehen, sind alle sehr realistisch und auch nachvollziehbar aufgebaut. Aber es war mir einfach zu kurz und das ist auch der einzige Grund, warum ich dem Buch keine 5 Sterne, sondern nur 4 geben werde: ich hätte mir die Geschichte länger gewünscht. Mehr Einführung und Erklärung – denn nicht alle haben wie ich schon so viel Vorwissen zum orthodoxen jüdischen Leben. Mehr Zeit am Ende: denn die Charaktere beginnen dort eine Charakterentwicklung, und das Buch endet in meinen Augen zu früh, sodass wir gar nicht wirklich mitbekommen, was diese Entwicklung konkret für Auswirkungen hat. Ich finde, der Autor hat wirklich ein tolles Jugendbuch geschaffen, dass realistische Einblicke gibt, aber es konnte mich nicht richtig berühren, da es nicht immer in die Tiefe gegangen ist und generell einfach zu kurz ist. Deshalb gebe ich wie gesagt 4 Sterne.