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Buchdoktor

Posted on 30.1.2023

Claire und ihre Tochter Trudy arbeiten in Preston Mills in der Nachtschicht der Textilfabrik und betreuen gemeinsam die kleine Tochter von Trudys Schwester Tammy. Tammy ist einfach abgehauen, um ein paar Kilometer entfernt in einer Tankstelle zu arbeiten. Schon Claire war mit 17 ungeplant schwanger, wurde vom Vater ihrer Tochter verlassen und träumt bis heute davon, ein Mann würde sie aus der Ödnis der kanadischen Kleinstadt herausholen. Mutter, Tochter und die inzwischen 5-jährige Enkelin Mercy sind offenbar glücklich miteinander, auch wenn das Geld so knapp ist, dass Claire auf der Wohnzimmer-Couch ihres winzigen Häuschens schlafen muss. Als Trudy Jules kennenlernt, zieht eine Ahnung von Reichtum in ihr Leben; denn der Stock-Car-Fahrer will mit seinem Raketen-Auto-Projekt das ganze große Geld machen. Da Jules kein Geschäftsmann ist und in seiner Karriere bisher hauptsächlich gebrochene Knochen „kassiert“ hat, sieht es mit seinem großen Coup jedoch schlecht aus. Tammy lebt inzwischen mit dem schmächtigen Fenton zusammen, der damit verblüfft, dass er Mercy am Wochenende abholen möchte und damit eine Art Familienleben aufbauen. In Kapiteln von höchstens 1-2 Seiten, deren Überschrift jeweils mit „Weil …“ beginnt, ist „Fliegen oder Fallen“ am Rande auch ein Roman über einen aberwitzigen Stunt nach realem Vorbild, zeigt jedoch drei Generationen von Frauen (Tammy und Trudy sind Mitte der 50er geboren, Mercy 1974) und ihre überaus bescheidenen, unerfüllbaren Wünsche. Wir lernen Mutter, Töchter und ihre jeweiligen Partner kennen und werden mit einer spießigen Moral konfrontiert, die ungeplant schwangere Teenager verhöhnt und die jugendlichen Väter einfach davonkommen lässt. Dass, laut Trudy, nur der Hausarzt Dr. Cameron ein Ehrenmann ist, lässt tief blicken … Abgesehen von dem tatsächlich abgefahrenen Raketen-Auto-Stunt eine treffsichere Sozialstudie vom Leben als Frau in der tiefsten Provinz.

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