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Buchdoktor

Posted on 29.1.2023

Als Ellie Poepkes Mutter Maren mit Ron eine Patchworkfamilie gründet, bekommt die Zwölfjährige auf einen Schwung drei neue Geschwister: den 17-jährigen Mats, den „schwedenblonden“ 8jährigen Oleg und die fordernde Lilac, die wie Ellie Marens Grübchen geerbt hat und fast 2 ist. Die Fünf wollen zu Beginn der Corona-Pandemie 2021 Ausgangssperre, Lockdown und Schulschließung in ihrem Haus in Brandenburg überstehen. Maren und Ron haben ihre Wohnungen in der Stadt noch nicht aufgelöst; Mats soll sowieso bis zum Abi noch dort wohnen. Als die Eltern mit Lilac losfahren, um die Kühlschränke zu räumen und kurz ein paar Sachen zu holen, freuen sich Ellie und Oleg auf einen ruhigen Tag. Am Abend werden die Eltern ja wieder zurücksein. Doch die Geschwister warten vergeblich; Eltern und kleine Schwester kommen auch am nächsten Tag nicht zurück. Auch Edeltraut, die einzige Nachbarin, ist nicht zu Hause und von ihrem Kleinwagen keine Spur zu sehen. Zu dumm, dass Ellie ihr Handy nicht finden kann – einen Festnetzanschluss hat die Datsche nahe der polnischen Grenze schon lange nicht mehr. Ein Fußmarsch in den kleinen Ortskern endet schon vor der Brücke an einem Warnschild: die Zufahrt nach Junow ist gesperrt und weit und breit kein Erwachsener zu sehen. Ellie und Oleg füttern Edeltrauts vereinsamte Katze, nehmen eine Bestandsaufnahme der Vorräte in beiden Häusern vor und reden sich gegenseitig gut zu, dass sie es zusammen schon schaffen werden. Von den absurderen Ideen: die Eltern werden uns mit einer Drohne Verpflegung liefern oder: wir bauen ein Floß, um den Fluss nach Junow zu überqueren, kommen sie flott auf den Boden der Tatsachen zurück. Das ist leichter gesagt als getan; denn Ellie hatte in ihrem Haus strenges „Herdverbot“, seit sie einmal Plastik angekokelt hatte. Mit dem Wasserkocher bringt Ellie jedoch notgedrungen Wunderdinge zustande. Edeltraut hat in ihrem Haus zum Glück einen Fernsehapparat – und einen penibel geführten Vorratskeller. Als die in die Bodendielen geritzten Striche für die allein überstandenen Tage jedoch zunehmen, ohne dass die verlassenen Kinder einem Erwachsenen auffallen, müssen die Geschwister selbst aktiv werden. Welch aufregende Abenteuer im äußersten Osten Brandenburgs in der Nähe einer verlassenen LPG auf die Kinder warten, hat mich gefesselt und amüsiert. Ellie rangiert geschickt zwischen dem, was ihr bis zum Überdruss gepredigt worden war, und Ratschlägen, die sie zwar gehört hat, aber noch nicht anwenden musste. Oleg, als jüngerer Bruder wie aus dem Bilderbuch, hat zwar ein forsches Mundwerk, braucht in Notsituationen jedoch noch seinen Teddy. Am Ende wird Oleg über sich hinausgewachsen sein und Ellie wird froh sein zu wissen, dass im Osten die Sonne aufgeht. Ellie als Icherzählerin glänzt mit trockenem Witz und authentischem Sound (Bindfaden heißt hier Strippe, was Dreckbotten sind, können sie sich vermutlich denken …) In diesem warmherzig erzählten Abenteuer ist Oleg mein Held, vor Ellie, Edeltraut, der Biberfamilie und Herrn Özdemir.

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