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Dirk Bindmann

Posted on 22.10.2018

In »Haß spricht« (im Original: »Excitable Speech«, 1997) geht es um einen Schlüsselbegriff der heutigen Kulturwissenschaften: Performativität. 1990 entfaltete Judith Butler in »Gender Trouble« (1991 übersetzt unter dem Titel »Das Unbehagen der Geschlechter«) ihre provokative Theorie von der Performativität des Geschlechts. Diese bekräftigt sie 1993 in »Bodies That Matter« (1995 als »Körper von Gewicht«), in dem sie betont, dass nicht nur die soziale Geschlechtsrolle, sondern auch der scheinbar naturgegebene Geschlechtskörper kulturell konstruiert werde. »Haß spricht« unterscheidet sich von diesen früheren Werken insofern, als Judith Butler darin ihr thematisches Spektrum öffnet: Sie wendet ihre Theorie der Performativität nicht nur auf das Geschlecht an, sondern auch auf die Kategorie der Rasse, auf diskriminierendes Sprechen und jegliches Sprechen, mit dem Macht befestigt oder bestritten wird. In »Haß spricht« geht Butler auch zum ersten Mal ausführlich auf die sprachphilosophischen Grundlagen ihres Performativitätsbegriffs ein und schließt explizit an John L. Austins Theorie der Sprechakte an. Weitere wichtige Bezugspunkte sind Louis Althusser, Pierre Bourdieu und Jacques Derrida. Sie lässt sich auf deren Diskussion ein, greift ihre Anregungen auf und vermag sogar scheinbar so gegensätzliche Positionen wie die von Bourdieu und Derrida zu verbinden und für ihr eigenes Denken fruchtbar zu machen. Dabei entwickelt sie ein eigenes Verständnis von Performativität, das zwar theoretisch tief fundiert ist, sich jedoch durch eine entschieden praktische Ausrichtung auszeichnet. Judith Butlers Denken der Performativität lässt sich lesen als Anregung für postsouveräne Subversivität und Widerständigkeit.

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