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Buchdoktor

Posted on 19.1.2023

Als Frank 14 Jahre alt ist, wird sein Großvater mütterlicherseits nach 18 Jahren Haft vorzeitig aus dem Gefängnis in Krems entlassen. Mörder, Bankräuber oder Justizopfer? könnte man sich als Leser fragen. Doch über die Tat darf zwischen Frank und seiner Mutter so wenig gesprochen werden wie über seinen Vater, der ebenfalls kein einfacher Mensch ist. Franks Mutter arbeitet als Schneiderin und Ankleiderin im Theater. Ein Beruf, der sie ausfüllt, auch wenn ihre Arbeitszeiten denkbar schlecht für eine alleinerziehende Mutter sind. Frank wirkt für einen 14-Jährigen zu selbstlos, zu empathisch, ihm scheint in der familiären Notgemeinschaft nichts anderes übrigzubleiben. Trotz Betreuung durch die Behörden und einen Bewährungshelfer tut sich Großvater Ferdinand in der modernen Welt sehr schwer. Der feinfühlige Frank spürt das Problem, aber einem großspurigen, manipulativen Menschen wie Ferdinand kann selbst er es nicht recht machen. Im Gegenteil, Frank scheint Ferdinands williges Opfer zu sein, ein Zustand, den die Mutter so besorgt wie passiv hinnimmt. Michael Köhlmeier beschreibt ein Szenario im labilen Gleichgewicht, dessen verletzliche Figuren mit ihren Ausweichmanövern einige Geduld beim Lesen erfordern.

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