wandanoir
Selbstporträt mit Dame Kurzmeinung: Natürlich ist dieses Büchlein dann am interessantesten, wenn man mindestens schon einen Roman des Autors gelesen hat. Der österreichische Autor Arno Geiger hat zahlreiche Literaturpreise gewonnen, unter anderem mit „Es geht uns gut“ den Deutschen Buchpreis (2005). Natürlich habe ich diesen Roman gelesen, und er gefiel mir; „Unter der Drachenwand“ gefiel mir jedoch noch viel besser und ich habe vor, demnächst „Alles über Sally“ zu lesen. „Was würde Arno Geiger in „Das glückliche Geheimnis“ verhandeln? Überraschung: es ist eine Autobiografie. Dabei ist der werte Herr Autor erst Mitte Fünfzig (geb. 1968). Das große Plus eines Schriftstellers und dieser Autobiografie, sie ist selbst geschrieben von A bis Z – no Ghostwriter was necessary. Arno Geiger schreibt: „Durch Lesen verkürzen wir unsere Lebenszeit nicht, wir verlängern sie. In wenigen Stunden können wir die Erfahrungen nachvollziehen, die ein anderer Mensch in Jahren oder Jahrzehnten gemacht hat.“ So lässt er seine Leser daran teilhaben, wie er Schriftsteller wurde, welche Mittel er über die Jahre einsetzte, wie er arbeitet, wenn er sich erst einmal an einem Stoff festgebissen hat, ob ein Berufsschriftsteller überhaupt eine Chance auf dem Markt hat und mit welchen Ängsten er sich herumschlagen muss, solange er nicht etabliert ist. Es ist nichts Neues, außer Talent braucht man Fleiß und Hartnäckigkeit, den Glauben an sich selbst, die Fähigkeit Niederlagen einzustecken und ein Quäntchen Glück. Und da man nie weiß, ob dieses Quäntchen Glück einem hold sein wird, lebt man im Ungewissen. Wie Arno Geiger es gemacht hat, dass er gleich zu Anfang bei dem renommierten Verlag „Hanser“ einen Fuß in der Tür hatte, hat er allerdings nicht verraten und, obwohl er erstaunlich offen über Privates spricht, hält er sich dann auch wiederum da und dort bedeckt. Er meint, er hat trotz seines Erfolges, der in der Tat ein wenig auf sich warten ließ, die Bodenhaftung nicht verloren. Außer in einer relativ kurzen Zeitspanne nach dem Erhalt des Deutschen Buchpreises, als er auf einen Schlag bekannt, berühmt und wohlhabend wurde! Der Kommentar: Bei einer Autografie wählt der Autor himself aus, was er von sich preisgeben möchte und was nicht. Die Auswahl Geigers ist denn auch beliebig. Manchmal möchte man mehr wissen, wie war das an dem Abend als er den Deutschen Buchpreis erhielt? Saß er auf heißen Kohlen, konnte er es fassen? Geiger hat den Leser ein wenig desillusioniert. Weiß man es wirklich vorher, dass man den Preis bekommt? Ich dachte, dies sei ein äußerst glückliches Geheimnis. Und nun ist es nur eine Sache von Beziehungen, ob man es vorher erfährt oder nicht. In Österreich ist manches anders als in Deutschland. Und die Uhren ticken dort anders. Ist Papierabfall eigentlich Müll? Ich habe nicht ganz verstanden, warum Arno Geiger sich früher schämte, seinen Lebensunterhalt durch den Verkauf von Papiermüllfunden zu verdienen. Er hatte immer andere Möglichkeiten durch sein Studium, auch wenn er diese Möglichkeit, sich eine „anständige“ Arbeit zu suchen, nie in Betracht zog. Die Berliner Zeit Geigers war ziemlich wild, darüber erfährt man wahrscheinlich aus gutem Grund, genug, jedoch auch nicht allzu viel. Arno Geiger ist erstaunlich offen, was sein Privatleben angeht – und dann doch wieder sehr zurückhaltend, nicht einmal den Vornamen seiner Ehefrau teilt er mit. Fazit: Alles in allem liest man das Selbstporträt des Autors zügig, es ist ein kleines Buch, ein offenes, aber auch ein zurückhaltendes Statement eines, der auszog das Fürchten zu lernen, gemeinhin, ein Schriftsteller zu werden. „Das glückliche Geheimnis“ ist federleicht geschrieben, mit ansprechenden Zitaten versehen, keineswegs langweilig, aber natürlich nicht vergleichbar mit seinen großen Romanen, zum Beispiel „Der alte König in seinem Exil.“ Ob er noch einmal ein großes Werk schreiben wird? Ich traue es ihm zu. Kategorie: Autobiografie. Verlag: Hanser, 2023