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mabuerele

Posted on 14.12.2022

„...Auf er einen Seite saß der Kapitän, der Arbeit und Lohn zu vergeben hatte, auf der anderen Seite drängten sich die Arbeiter, die ihre Arbeitskraft anbieten wollten...“ So ist es auch in Papenburg im Jahre 1904. Dort erscheint die Mutter mit dem fast 15jährigen Hnas. Im vergangenen Jahr war er für die Seefahrt noch zu klein gewesen. Mittlerweile ist er gewachsen und bekommt seine erste Heuer als Schiffsjunge. Der Autor hat eine abwechslungsreiche Romanbiografie geschrieben. Die Geschichte basiert auf eine Interview, dass er selbst vor etwa 40 Jahren in einem Seemannsaltenheim in Hamburg geführt hat. Im Roman allerdings wird das Interview von Jutta Steinkamp geführt. Die junge Frau ist Studentin der Sozialgeschichte und will das Gespräch als Grundlage für ihre Doktorarbeit nehmen. Der Schriftstil wirkt über weite Phasen sachlich. Er ist sehr gut ausgearbeitet und baut gekonnt Spannung zwischen dem Interview und dem Lebenslauf auf. Sehr detailliert wird das Leben an Bord beschrieben. In jeder Zeile wird deutlich, dass der Autor weiß, worüber er schreibt. Die Personen werden ausreichend charakterisiert. Hans zeichnet sich durch seine Empathie aus, aber auch durch seine Fähigkeit, aus jeder noch zu kritischen Situation das Beste zu machen. Jutta wirkt anfangs sehr distanziert und steif. Außerdem erscheint sie extrem gesetzestreu. Deshalb hat sie mit manchen Aktionen in der Erzählung von Hans so ihre Probleme. Hans ist derjenige, der den Faden in der Hand hält und bestimmt, wann und wie es weitergeht. Als Leser begleite ich Hans nicht nur auf den verschiedensten Schiffen, seien es Segelschiffe oder Dampfer rund um die Welt. „...Die Amerikaner waren reichlich beliebt auf der Insel, aber nur wegen ihrer Dollars, Havanna war der Puff Amerikas, wie man damals sagte...“ Ich reise mit ihm auch durch die Weltgeschichte. Und genau die ist verantwortlich für manche Brüche in seinem Leben. Er wechselt mehrmals die Staatsangehörigkeit. Mal ist er reich, mal lebt er von der Hand in den Mund. In der Geschichte gibt es vielfältige Informationen. So fragt Jutta, warum man Petroleum nicht mit den schnelleren Dampfern transportiert hat. „...Die Holzfässer leckten und auf den Dampfschiffen flogen immer mal heißer Ruß und glühende Kohlenstücke aus dem Schornstein, diese Schiffe wären sofort in Flammen aufgegangen...“ Hans war nicht nur Seemann. Er hat sich erfolgreich als Farmer in Amerika versucht und als Fischer auf den Philippinen gelebt. Probleme hat Jutta auch mit seinem Frauenbild. Hier machen sich fast 70 Jahre Altersunterschied bemerkbar. Ab und an werden in kursiver Schrift bestimmte Themen vertieft. Heftig sind die Texte über die Gewinnung von Quecksilber. Wie sagt einer der Bergmänner, als er auf seinen Alkoholkonsum angesprochen wird? „...Ihre Medizin hilft uns nicht bei unseren Leiden, Herr Chirurg, aber der Wein lässt uns für ein paar Stunden die Schmerzen vergessen...“ Das Buch hat mir sehr gut gefallen. Es zeichnet auf eine ganz besondere Art und Weise ein inhaltsreiches Leben nach.

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