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pmelittam

Posted on 27.11.2022

Ein Anschlag auf einen Nachtclub kostet fünf Menschenleben. Kommissar Henrik Oksman war kurz vorher noch selbst im Club – in Frauenkleidung. Der Täter, der sich selbst der Gesandte Gottes nennt, ruft zu weiteren Anschlägen auf sexuelle Minderheiten auf. Lag im Vorgängerroman noch der Fokus auf Jari Paloviita so tritt in diesem dessen Kollege Henrik Oksman in den Vordergrund. Oksman, den man auch schon in „Was wir verschweigen“ kennengelernt hat, kann sich nicht als Gast des Clubs zu erkennen geben, da er sich auf keinen Fall outen will. Doch nun wird nach der Frau im roten Kleid, die niemand anderes als er selbst ist, gesucht. Wieder hat es Arttu Tuominen geschafft, tief in die Psyche seiner Charaktere einzudringen, zudem hat er sich eines sehr aktuellen Themas angenommen, und trifft damit auch in die Psyche seiner Leser:innen. Mich hat vor allem die Gedankenwelt des Gesandten tief getroffen, diese ist sehr verstörend und verursacht mir Übelkeit – und ich bin damit sicher nicht allein. Man erfährt aber auch, noch bevor man weiß, um wen es sich überhaupt handelt, viel über das Leben des „Gesandten“, vor allem über seine Kindheit, die sich zudem ähnlich entpuppt wie die Oksmans (weswegen man teilweise Verständnis entwickelt für dessen Nicht-Outen-Wollen) – man kann hier aber auch erkennen, wie unterschiedlich man sich dennoch entwickeln kann, auch wenn einiges an der Psyche hängen bleibt. Auf Oksman liegt zwar der Fokus, aber man folgt auch Paloviita wieder in sein Privatleben, das sich gegenüber dem ersten Band nicht wesentlich geändert hat, immer noch hat er finanzielle Probleme, die sich auf seine Ehe auswirken (und umgekehrt). Mal sehen, wer im nächsten Band in den Fokus gerät, ich tippe auf Linda Toivonen, die Kollegin Paloviitas und Oksmans, deren Probleme auch schon angesprochen wurden. Ich bin jedenfalls sehr gespannt auf den dritten Band. Im Zuge der Ermittlungen gibt es einige Charaktere, die das Geschehen beeinflussen, besonders interessant finde ich den Pfarrer Mikael Fredriksson, der früher bei der Fremdenlegion war und nun ganz klar Stellung bezieht, auch wenn er damit in Gefahr gerät. Gegenteilig wirken auf mich die Mitglieder der Nazibewegung „White Order“, die sich vom Gesandten gerne aufstacheln lassen, und mich ebenso verstört haben wie dieser. Der Roman ist von Anfang an spannend, so dass man ihn, trotz der Thematik und dessen Auswucherungen kaum aus der Hand legen mag, manchmal aber dennoch kurz innehalten muss, weil diese nicht nur verstörend sind, sondern auch allzu aktuell. „Was wir verbergen“ ist ein lesenswerter Roman, der lange nachwirken wird.

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