R. S.
Langatmiger französischer Gesellschaftsroman "Connemara" von Nicolas Mathieu ist die Geschichte von Hélène, die verheiratet ist, zwei Kinder hat und ihr Leben gemeistert hat. Hélène und Christophe wachsen in der gleichen Stadt auf und bewegen sich in unterschiedlichen sozialen Kreisen. Er ist ein Eishockeystar, der von seinen Kollegen verehrt wird und dem ein großes Schicksal bevorsteht. Sie setzt alles auf ihre hervorragenden schulischen Leistungen, um aus dieser Situation herauszukommen, alles, um nicht wie ihre Eltern zu sein. Hélène hat ihre Heimat verlassen, um in Paris zu studieren, dort eine glänzende Karriere zu machen, eine schöne Ehe zu führen, kurz gesagt, dort das Leben zu leben, von dem sie geträumt hat. Jahre später, im Alter von 40 Jahren, begegnen sich Hélène und Christophe zufällig. Eine Flamme, die bei beiden längst erloschen ist, wird wieder entfacht. Doch schon bald stellt sich die entscheidende Frage: Worum geht es in dieser Beziehung wirklich? Ich bin bei diesem Buch sehr hin- und hergerissen zwischen Anziehung und Langeweile. Die Geschichte fand ich besonders am Anfang interessant, doch gleichzeitig war ich stellenweise sehr gelangweilt, weil ich den beiden Protagonisten nicht wirklich nahekam und ich mich so nicht großartig für ihr Schicksal interessierte. Zu Beginn wurde ich in den Roman hineingezogen: Als sich die Handlung entwickelte, ließ mein Interesse jedoch etwas nach, was vor allem auch an unnötigen langen Ausführungen über nicht handlungsrelevante Themen wie z. B. die Funktionsweise von HR-Beratungsfirmen lag. Auch war das Ende mir zu abrupt im Vergleich zum Rest der Geschichte. Gut gefallen hat mir jedoch der Schreibstil des Autors. Mit schonungsloser Klarheit und Genauigkeit schreibt Nicolas Mathieu über die Jugendträume, die man erreicht oder nicht erreicht, über Frankreichs Gesellschaft und darüber, was der Ausdruck "Erfolg im Leben" bedeutet. Die Stärke des Romans ist sein sozialkritischer Aspekt. Es geht um den sozialen Fahrstuhl, die Konkurrenz in der Schule, die Uni und später im Beruf. Ebenso wird auf die Vergänglichkeit unserer Existenz angespielt, die Realität des Alterns und die Verleugnung, die es mit sich bringt und das ein guter Posten und volle Bankkonten nicht alles im Leben ist. Insgesamt ist "Connemara" ein Buch mit starken Ansatz, aber mit Schwächen in der Umsetzung und dem besonders im Mittelteil weniger Seiten besser getan hätten.