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Sofia :)

Posted on 21.10.2022

Vielen lieben Dank an Bastei Lübbe und die #bloggerjury für die Bereitstellung dieses Rezensionsexemplars! Meine Rezension spiegelt selbstverständlich trotzdem meine ehrliche Meinung wider. Aufmachung: Mit dem platinenähnlichen Gebilde in der Mitte sieht das Cover sehr futuristisch aus – es ist also gleich ersichtlich, dass „Freiheitsgeld“ nicht in der Gegenwart spielt. Die vier verschiedenfarbigen Kreise erinnern zum einen entfernt an eine Münze – der Bezug zum Inhalt ist offensichtlich –, zum anderen wie vier verschiedene Zonen. Auch das spiegelt sich im Inhalt wider, wie man beim Lesen merkt! Insofern eine gelungene Aufmachung. Gekrönt wird das ganze von dem schwarzen Farbschnitt, der das helle Cover im Kontrast noch mehr hervorstechen lässt, und ein Lesebändchen hat es auch (das bei meinem Exemplar allerdings nicht am Buchrücken sondern mitten auf einer Seite angeklebt war?). Meine Meinung: Mit „Freiheitsgeld“ habe ich mich ausnahmsweise mal aus meiner Fantasy-NA-Comfort-Zone herausgetraut, und auch wenn es mir im Großen und Ganzen ganz gut gefallen hat, würde ich jetzt wohl nicht sagen, dass ich mich ein weiteres Mal diesem Genre widmen werde – auch wenn ich dystopische Thriller grundsätzlich ganz interessant finde. Auch „Freiheitsgeld“ konnte mich zumindest in den ersten zwei Dritteln von sich überzeugen. Man befindet sich hier in Deutschland im Jahr 2064 – viele kleinere Städte wurden zugunsten von Naturschutzgebieten abgerissen bzw. verlassen, das Leben in der Gesellschaft ist vollständig technologisiert, was sich vor allem in den vielen Robotern, die insbesondere Dienstleistungen übernommen haben, zeigt und ausnahmslos jeder Bürger erhält einmal monatlich sein „Freiheitsgeld“ unabhängig davon, wie seine berufliche, private oder soziale Situation aussieht. Dass letzteres offensichtlich an die Diskussion zum bedingungslosen Grundeinkommen angelehnt ist, ist offensichtlich. Der Autor spinnt hier diese Idee weiter und fragt sich, was passiert, wenn einerseits viele Arbeiten wirklich von Robotern übernommen werden, sodass es alleine deshalb vielleicht gar nicht so sinnlos ist, jedem ein Grundeinkommen zukomme zu lassen, und wenn es andererseits für jeden eine völlig freie Entscheidung ist, arbeiten zu gehen oder nicht – man kann sich seinen Lebensunterhalt durch das „Freiheitsgeld“ ja ohnehin leisten. Dabei hat die Auszahlung dieses Grundeinkommens natürlich seine Vorteile – so muss niemand fürchten zu verarmen, man ist nicht gezwungen, in einem Beruf zu arbeiten, der einen nicht erfüllt und so weiter. Hier hat das „Freiheitsgeld“ darüber hinaus die Folge, dass sich dadurch herauskristallisiert, welche Arbeiten tatsächlich systemrelevant sind und diese Berufe auch mehr wertgeschätzt werden. Das im Zusammenspiel mit dem technischen Fortschritt, den der Autor ausgehend vom heutigen Standpunkt weitergesponnen hat, sodass man bspw. alle wichtigen Dokumente und auch das Geld über seinen „Pod“ (also sein Smartphone) verwaltet, es fast ausschließlich selbstfahrende Autos gibt oder Medikamente personalisiert werden, stellt ein Gedankenexperiment dar, dass gerade deshalb so interessant ist, weil das alles eben nicht allzu weit hergeholt scheint und man sich durchaus vorstellen kann, dass die Zukunft in 40 Jahren so ähnlich aussehen mag. Trotzdem habe ich mich auch in den ersten zwei Dritteln zwischendurch ein wenig gelangweilt. „Freiheitsgeld“ wird nämlich nicht nur aus Ahmads Sicht erzählt, sondern auch die beiden Ehepaare Valentin und Lina sowie Kilian und Therese berichten aus ihrem Leben. Im Nachhinein ist deutlich, weshalb der Autor so weit ausholt, und gerade zwischen den Paaren lassen sich rückblickend viele Parallelen erkennen. Allerdings holt Eschbach hier wirklich weit aus, sodass es unheimlich lange dauert, bis deutlich wird, weshalb die einzelnen Handlungsstränge für die jeweils anderen relevant sind, und worauf der Autor eigentlich hinaus möchte. Ich bin immer für einen soliden Handlungsaufbau und gutes Worldbuilding zu haben und nehme dafür auch gerne ein etwas langsameres Erzähltempo in Kauf. Hier ging es mir dann aber doch zu langsam. Ich möchte nicht sagen, dass innerhalb der ersten hundert Seiten nichts passiert, denn dem ist nicht so. Trotzdem braucht man hier einen sehr langen Atem, da man ab irgendeinem Punkt immer stärker das Gefühl hat, der Autor komme einfach nicht auf den Punkt. Sobald aber endlich alles zusammenläuft, habe ich dann relativ schnell gemerkt, dass ich dem Buch nicht mehr als drei Sterne geben kann. Was während der ersten zwei Drittel noch ein interessantes Gedankenexperiment war, auf dessen Auflösung ich sehr gespannt war, hat sich „Freiheitsgeld“ dann im letzten Drittel überraschender-, meiner Meinung nach aber im Verhältnis zur restlichen Geschichte sehr unpassenderweise zu einem wilden Verschwörungsthriller entwickelt, der mehr wie ein auf den letzten Metern aus den Fingern gesaugter, verrückter Plottwist als das logische Ende, auf das die Geschichte zwangsläufig hinauslaufen muss. Versteht mich nicht falsch: Im Nachhinein ist es durchaus so, dass der Autor offensichtlich auf genau dieses Ende hingearbeitet hat, insofern passt es also durchaus zusammen. Allerdings hatte ich beim Lesen gerade nicht das Gefühl, dass das Ende zum Rest des Buches passt. Anders als der Rest, der nämlich sehr nahe an aktuelle Diskussionen ist und gerade deshalb, wie gesagt, das Buch so spannend ist, wirkt die Auflösung verglichen damit sehr unglaubwürdig. Darüber hinaus ist das Ende nicht wirklich ein „Ende“ und während mir bewusst ist, dass so etwas in diesem Genre nicht so leicht ist, hätte ich mir trotzdem einen richtigen Abschluss gewünscht. So blättert man die letzte Seite in der Erwartung um, dass da noch etwas kommen müsste, aber das Buch ist eben zu Ende und man geht mit einem sehr unzufriedenen Gefühl aus der Geschichte. Es war also eben nicht das, was ich bei dem Anfang erwartet hätte, insofern war ich persönlich dann sehr enttäuscht. Das ist aber jetzt natürlich auch wieder sehr subjektiv und ich kann mir gut vorstellen, dass andere davon mehr abgeholt werden. Meins war es aber nicht. Fazit: Interessantes Gedankenexperiment, das zumindest in den ersten 2/3 gar nicht mal so weit hergeholt und deshalb auch durchaus spannend ist. Dann wurde es mir persönlich doch etwas zu wild und das Ende fand ich völlig unzufriedenstellend, daher wurden es dann 3 statt 4⭐️. 😅 Den anderen Stern ziehe ich ab, weil ich den Einstieg und es auch zwischendurch immer mal wieder etwas zu langatmig fand - man wartet einfach sehr lange, bis die einzelnen Fäden mal zusammenlaufen. Abgesehen davon ist es aber, wie gesagt, mal sehr interessant. Würde aber eher die (gekürzte) Hörbuch-Version zum Nebenherhören empfehlen als das geschriebene Buch. 3/5 Lesehasen.

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