Profilbild von bookloving

bookloving

Posted on 21.10.2022

*Berührende Familiengeschichte* In dem Roman „Isidor" erzählt uns die Autorin Shelly Kupferberg die bewegte Familiengeschichte und ausgesprochen bewegende Leidensgeschichte ihrer Vorfahren, die auf wahren Begebenheiten beruht. Im Mittelpunkt des Romans steht die faszinierende und tragische Lebensgeschichte ihres jüdischen Urgroßonkels Isidor, der im Wien der 20er und 30er Jahre lebte und einen rasanten gesellschaftlichen Aufstieg hingelegt hatte, sowie sein trauriges Schicksal nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1938 in Österreich. Die Autorin hat sich auf eine Spurensuche nach dem Urgroßonkel begeben und zeichnet anhand von noch erhaltenen Familienbriefen und Fotos sowie Archivfunden die Umrisse des ereignisreichen Lebens dieser höchst schillernden Figur nach. Darüber hinaus zeichnet sie aber auch ein sehr facettenreiches und stimmiges Bild der übrigen Familienmitglieder. Ihre umfangreichen Rechercheergebnisse verdichtet die Autorin sehr sehr anschaulich und mitreißend zu einer berührenden Geschichte über diesen im Umgang nicht immer einfachen Macher, Genussmensch und wohlhabenden Lebemann, der als erfolgreicher Kommerzialrat in der Donaumetropole Wien den Luxus in vollen Zügen genoss, das Schöne, Literatur und die Künste schätzte und vor allem die Oper liebte. Mit seiner Weltoffenheit, ungebrochenem Ehrgeiz und Aufstiegswillen ist Isidor, der aus ärmlichsten Verhältnissen stammte und eigentlich als Israel in einem kleinen Schtetl im hintersten Winkel Ostgaliziens aufwuchs, schließlich trotz seiner jüdischen Herkunft ganz oben in der Gesellschaft angekommen. Anschaulich zeigt die Autorin in verschiedenen Episoden auf, wie Isidor die Zeichen der Zeit, den aufkommenden Antisemitismus und die immer drängenderen Warnungen in seinem Umfeld nicht ernst nahm und als angesehener Wiener Bürger und assimilierter Jude die düsteren Vorboten des Nationalsozialismus verkannte. Seine fatale Fehleinschätzung „Sie werden mir schon nichts tun." wurde ihm schließlich zum Verhängnis, unaufhaltsam die Demütigungen, sein bitterer sozialer und finanzieller Abstieg sowie sein früher Tod. Mit ihren lebendigen Schilderungen gelingt es der Autorin hervorragend uns mitzunehmen in die Zeit des frühen 20. Jahrhunderts. Mühelos tauchen wir ein ins ärmliche, rückständige Galizien, folgen den Charakteren ins die pulsierende moderne Metropole Wien der 1930er Jahre und verfolgen fasziniert Isidors erstaunlichem Werdegang. Geschickt streut sie in die sehr abwechslungsreich erzählte Geschichte erste Vorboten einer heranziehenden Katastrophe, lässt die Atmosphäre schrittweise düsterer und bedrohlicher werden, bis die bedrückenden Ereignisse schließlich in einer großen Tragödie für die Familie münden. FAZIT Eine tragische und fesselnde Familiengeschichte, die aufrüttelt und zum Nachdenken anregt! Sehr lesenswert!

zurück nach oben