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David

Posted on 9.10.2018

„..eine großartige Mephisto-Faust-Fabel, ein brillantes literarisches Unterfangen, das wir wohl von jetzt an als krachtianisch bezeichnen dürfen“. Soweit Knausgård über Christian Krachts „Die Toten“. Krachts Stil, das kann ich nachvollziehen, ist auf pragmatische, nüchterne Art speziell; die Adjektivierung des Namens allerdings sollte vermutlich für alle Zeit Kafka vorbehalten bleiben, die doppelte Überhöhung, auch noch in den Faust-Vergleich, hätte mir, nun ja, das durchaus entstehende Lesevergnügen vermutlich vorab genommen. Gut, dass sich das Zitat auf dem Buchrücken verbarg und sich dort erst am Ende offenbarte. Da wird ein fiktiver deutscher Filmemacher nach Japan eingeladen und, dem Wunsch bewusst nicht wirklich entsprechend, ein Schweizer aus Nazi-Deutschland geschickt, um der japanischen Filmindustrie auf die Sprünge und in die Zukunft zu helfen. Da turnen um zwei Antipoden allerlei reale Persönlichkeiten herum – Charlie Chaplin in Japan, Alfred Hugenberg und Heinz Rühmann in Deutschland. Deren Figuren aber wirken wie Staffage, und die ganze Film-Nebengeschichte trägt einen eher unscheinbaren Plot, der in wenigen Sätzen erzählt wäre. Eigentlich aber ist das Buch wohl eine Reflexion über die Auseinandersetzung mit dem jeweiligen Vater und das Leben damit, eine Geschichte über das „sich zurecht finden“ in einer unübersichtlichen Welt. Dem Schweizer (damit ist wohl nicht zu viel verraten), zu Hause eher erfolg- und orientierungslos, gelingt das erst in Japan, und dort erst nahe der Selbstaufgabe und des Identitätsverlusts, nachdem er dort seine Verlobte an den Japaner und an unerfüllte Versprechen von Ruhm und Ansehen verloren hat. Am Ende dieses Findungsprozesses ist die Verlobte verloren, der Nebenbuhler versenkt, und der Filmemacher da, wo er hingehört – zu Hause, irgendwie zufrieden, jetzt doch bescheiden erfolgreich, allein. Was einigermaßen belanglos klingt, wird durch Stil und Sprache so spannend, dass es durch den ganzen Roman trägt, und in Ermangelung einer Möglichkeit, dem weniger pathetisch Rechnung zu tragen, muss ich das „krachtianisch“ mit einem Augenzwinkern nun wohl doch gelten lassen.

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