sursulapitschi
Dieses Buch ist nicht einfach. Anfangs hatte ich ziemlich daran zu knabbern, diese schräge Idee und die vielen lustigen Namen zu verdauen. Hier ist man plötzlich in einer hoch komplizierten, wirklich perfiden Welt. Man möchte ein neues, sicheres Island gestalten und der Schlüssel dazu ist Empathie. In einer idealen Welt sind die Menschen alle so empathisch, dass sie ganz selbstverständlich rücksichtsvoll und friedlich miteinander leben. Das passiert natürlich nicht von allein, noch nicht einmal in Island. Die Regierung setzt auf Empathietests, die die Menschen einordnen. Wer besteht, kann sich markieren lassen und in separaten ebenfalls markierten Bereichen wohnen, wo dann selbstverständlich paradiesische Zustände herrschen sollen. So weit die Theorie. Vier ganz verschiedene Protagonisten führen uns die Tücken des Systems vor Augen und zeigen, dass ein friedliches Miteinander vielleicht doch nicht so einfach zu erreichen ist. Stattdessen fördert dieses neue Programm eher eine übersteigerte Elitementalität, führt zu Ausgrenzung und sogar stattlich angeordnetem Mobbing. Ist es empathisch, weniger Begünstigte zu verbannen? Manch ein Markierungsbefürworter verfängt sich wohl in den eigenen Doktrinen. Hier bekommt man, in eine spannende, irrwitzige Geschichte verpackt, radikale Ideen, viel Kluges und viel Bestürzendes zu lesen. Dieses Buch bringt uns dazu, über Empathie nachzudenken, über die Grenze zwischen echtem Mitgefühl und Heuchelei, über die Definition von Gut und Böse und zeigt, dass diese Grenze manchmal Ansichtssache ist. Es ist eine Zukunftsvision, die erschreckend plausible Wurzeln in der Gegenwart hat. Ich bin sehr beeindruckt.