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gletscherwoelfchen

Posted on 28.9.2022

"Ich habe noch nie jemanden wie mich getroffen, aber wenn es irgendwann unweigerlich passiert, wird es wie das Aufeinandertreffen zweier Wölfe in der Nacht sein, die sich beschnuppern und sich gegenseitig als Jäger erkennen." Chloe Sevres ist eine diagnostizierte Psychopathin. Als Teilnehmerin einer Studie an der John Adams University ist sie eine von sieben glücklichen Stipendiaten. Dies ist allerdings nur ein netter Zusatz für Chloe: Der eigentliche Grund, warum sie sich ausgerechnet für diese Universität entschieden hat, ist Will. Will, dem sie nicht verzeihen kann, was er einst getan hat. Will, der in 60 Tagen sterben soll. Doch als nacheinander gezielt Teilnehmer der Studie ermordet werden, legen sich dunkle Wolken über Chloes Rachepläne. Sie könnte die nächste sein... Bereits nach den ersten Zeilen des Klappentextes dieses Debütromans war ich Feuer und Flamme dafür. Er versprach einen sehr gelungenen, packenden und vor allem einzigartigen Thriller. Und genau das kann ich nach dem Lesen auch bestätigen! "P.S. Morgen bist du tot" vereint ein interessantes Collegesetting mit Internatsflair und einige spannende Aspekte der Psychopathie in sich. Letztere sind an sich möglicherweise nichts Neues, und doch hat mich die Intensität, mit der sich diesem Thema gewidmet wurde, mich positiv überrascht. So tief ausgearbeitet, wie es nur von einer studierten Psychologin kommen kann, nutzt Vera Kurian das Motiv der Psychopathie äußerst innovativ für ihren Thriller. Besonders gut gefallen hat mir dabei, wie extrem die Grenzen zwischen Gut und Böse verwischt werden. Als Leser erlebt man den Charme der Psychopathen hautnah mit - man sympathisiert plötzlich mit Figuren, deren Werte sich von grundauf von den eigenen unterscheiden, deren Handeln scheinbar klar in die "moralisch falsch"-Schublade zu sortieren ist. Und dennoch, und das hat mich umso mehr überrascht, ist man sich stets bewusst darüber, dass ein solches Verhalten überhaupt nicht richtig sein kann. Ich bin begeistert davon, wie individuell die Autorin einzelne Figuren darstellt, wie verständlich und vor allem auch bildlich sie deren Diagnose schildert, dabei allerdings stets ein Fünkchen der Unklarheit bestehen lässt, was reichlich Spannung erzeugt. Ich habe mich während des Lesens ständig gefragt, ob meine Lieblingsfiguren tatsächlich so harmlos sind, wie sie vorzugeben zu sein - oder ob nicht doch ein Mörder unter ihnen steckt. Und doch hat mir für die volle Punktzahl noch etwas mehr Grusel, etwas mehr Gänsehaut und Mitfiebern gefehlt. Ich denke, das liegt vor allem daran, dass der Täter nicht immer greifbar war. Gerade im Mittelteil wurde es doch recht still um diesen. Sehr gerne hätte ich die Gefahr, dass er an jeder Ecke auf einen lauern könnte, noch deutlicher gespürt. Nichtsdestotrotz empfinde ich diesen Thriller als sehr gelungen und empfehle ihn liebend gerne jedem Thrillerfan weiter, der von einem unerwartetem Ausgang überrascht werden und sich in Mitten von amerikanischen Studenten noch einmal selbst wie ein Collegeschüler fühlen möchte. 4,5/5 Sterne

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