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«Tolkins Beschreibungen der Mahlzeiten sind detailliert und liebevoll und dokumentieren die Leidenschaft der Figuren und des Autors für ausgiebige Schlemmereien. Wer könnte den trostspendenden Kanincheneintopf vergessen, den Sam für seinen Freund und Meister Frodo mitten in der Wildnis improvisiert?» Tolkin-Fans, ihr wolltet doch schon immer wissen, wie Lembas oder Beorns Honigkuchen schmecken? Dann begebt euch mit mir, Frodo, Sam, Pippin, Merry und Gandalf auf eine kulinarische Reise! Ein Hobbit geht nicht ohne Frühstück aus dem Haus, klar. Nur ein gestärkter Körper kann sich mutig in Abenteuer stürzen. Mit dem Kochbuch, inspiriert von Tolkiens Legenden, begeben wir uns auf eine Expedition durch Mittelerde. Wir rasten im Gasthaus «Zum tänzelnden Pony», nehmen einen kräftigen Schluck Miruvor in Rosis Kneipe «Zum grünen Drachen» und schlemmen uns durch Mittelerde. Gestählt durch Lembas, dem heimatlichen Kanincheneintopf und Bilbos Kümmelkuchen, kann es losgehen. Ihr ahnt es, es geht hier nicht vordergründlich um ein Kochbuch mit modernen Rezepten. Ihr werdet keine schicken Foodfotos von einem Küchenblogger finden! Gar keine Fotos! Dafür aber wunderschöne Illustrationen aus Mittelerde. Das ist ein Fankochbuch. So werde ich es auch bewerten. Das Fantasyland Mittelerde erinnert an das Mittelalter Englands, wie man weiß. Somit haben die Rezepte einen britischen Touch, und Reisende müssen bekanntlich Kraft tanken, entsprechend deftig sind die Gerichte. Wir beginnen mit einem herzhaften Hobbit-Frühstück: Porridge, Müsli, geschmorte weiße Bohnen in Tomatensoße, Fritata mit Speck und Pilzen – «Geschichten, die laut Sams Vater nichts für Hobbits seien. Anstatt sich mit Elben und Drachen zu beschäftigen, sollten sie sich besser an ihre Kartoffeln und ihren Kohl halten.» – und so folgt ein «Bubble and Squeak», ein Pfannkuchen aus gekochtem Kohl und Kartoffelstampf mit Speck, ein typisch englisches Resteessen. Die Reise kann beginnen. Für unterwegs ein Kartoffelbrot, Birnen-Cranberry-Muffins; ein sehr leckeres Rezept. Wir treffen auf Beorn den Pelzwechsler, der sein Honigbrot mit uns teilet. In Bruch angekommen bereitet uns der Bauer Maggot «Waldpilze auf Toast» zu, ein Seelenessen, nachdem wir gerade so den Schwarzen Reitern entkommen sind. Danach gibt es «Dracheneier». Ein interessantes Rezept, dass wir auf der Basis von Soleiern kennen, hier asiatisch eingelegt in Sojasoße, die zuvor mit div. Kräutern geköchelt hat. Süßkartoffeln mit Blattspinat, Rösti mit einer leckeren Soße aus Tomaten, Avocado, Chili und Kräutern lassen uns entspannen. Bei Tolkin wird getafelt; ein Hobbit ist ständig hungrig. So hat sich Robert Tusley Anderson Gedanken gemacht, was hinter den beschriebenen Gerichten stecken könnte. Wobei bereits real teilweise auf Traditionsgerichte in den Romanen Tolkins zurückgegriffen wird. Banocks gibt es nämlich wirklich – nur kaum einer kennt sie heute noch. Es sind Fladenbrote aus Schottland, die man mit Butter und Stachelbeer-Rosmariengelee aß, hier eine Variante mit Kreuzkümmelsamen bestreut. Bei den Elben kennt man Bruschetta: mit Feta und Waldfrüchten belegt. Als Wegzehrung gibt es Dattel-Sesam-Riegel. «Galadriel schenkte den Gefährten in Mallorn-Blätter gewickelte Lembas, damit sie für die kommenden harten Zeiten gewappnet sind.» – hier interpretiert als Maiskuchen vom Blech. Wir finden Rezepte für Eingemachtes, wie Gurken, «Würzige Rote Beete nach Zwergenart», Pfirsiche, Ale-Apfel Chutney, Kekse, Kuchen, Salate, Suppen, Pasteten, Fleisch- und Fischgerichte aber auch den berühmten Athelas-Tee, das Elixier «Mirovor», Glühwein aus der Zwergenwelt von Moria und «Orkgebräu», ein Gemisch aus Cider und Whisky. Gollum stellt uns sein Rezept von rohem Fisch zur Verfügung – ein Reissalat mit Lachs, Gurke und Avocado im japanischen Style – ein sehr leckeres Gericht. Und es gibt Fledermausflügel aus dem Düsterwald, angemacht mit Sojasoße, Zimt und Kurkuma (Psssst! Nicht verraten, es sind Hähnchenflügel). 80 kunterbunte Rezepte aus der Küche von Hobbits, Menschen, Elfen und Zwergen. Sehr lecker die spanisch angehauchten Rezepte «Gefüllte geröstete Paprika-Flammen» und «Kartoffel-Knoblauch-Suppe», die im Gasthaus zum tänzelnden Ponny serviert wird. Die Elben sind Vegetarier und hier bekommen wir «Rote Beete und Kürbis aus dem Ofen mit Ziegenkäse» oder einen leckeren Wurzeleintopf, die aus dem Buch herausduften. Eingeteilt ist das Kochbuch nach Frühstück, zweites Frühstück, Elveness (ein Vormittags-Snack, der nach dem zweiten Frühstück eingenommen wird), Mittagessen, Teezeit, Abendessen, Getränke. Es gibt schmackhafte Rezepte, eindeutig! Natürlich sind sie letztendlich wegen ihrer Deftigkeit in den Tageszeiten austauschbar; man muss blättern und suchen, weil es eigentlich kreuz und queer geht. Das macht aber nichts, denn beim Erkunden erfreut man sich an den den feinen Illustrationen von Mittelerde. Für wen ist dieses Buch etwas? Wer gern deftig isst, findet hier gute, einfache Rezepte, herzustellen meist aus heimischen Zutaten der Region; es gibt viele Gerichte mit Winter-Gemüse. Wer Kekse, Tarts und einfache Kuchen mag, Beilagebrote, der wird auch fündig werden. Und Tolkin-Fans werden sowieso begeistert sein – ach eine prima Geschenkidee. J.R.R. Tolkien wurde am 3. Januar 1892 geboren. Er gilt als einer der angesehensten Philologen weltweit, vor allem ist er als Schöpfer von «Mittelerde» als Autor des legendären «Der Herr der Ringe» bekannt. Seine Bücher wurden in mehr als 80 Sprachen übersetzt und haben sich weltweit millionenfach verkauft. Ihm wurde ein Orden des Britischen Empire (CBE) und die Ehrendoktorwürde der Universität Oxford verliehen. Er starb 1973 im Alter von 81 Jahren. Tolkien zeigt sich schon als Kind fasziniert von alten, längst vergessenen Sprachen und Mythen. In Oxford spezialisierte sich der Stipendiat, der seit Kindertagen in seiner Freizeit zum bloßen Zeitvertreib Alphabete kreierte und neue Sprachen komponierte wie andere Menschen Musikstücke, bald aufs Altenglische und beschäftigte sich vor allem mit mittelalterlichen Dialekten der westlichen Midlands. W.A. Craigie, ein Kenner besonders der schottischen Volksüberlieferungen, führte ihn in die isländischen und finnischen Sprachen und Mythologien ein. Das Finnische wie das Walisische wurden später Grundlage für die Elfensprache im Herrn der Ringe. 1924, gerade 32 Jahre alt, wurde Tolkien als Professor für englische Sprachen nach Oxford berufen und blieb mehr als vierzig Jahre. Robert Tuesley Anderson ist Schriftsteller, Dichter und Herausgeber und lebt in den südlichen Hochebenen von Schottland. Wie viele andere verliebte er sich schon als Kind in Tolkiens Bücher und kämpfte sogar mit den obskuren Details der Quenya-Grammatik. Dieses Buch hat ihm die Möglichkeit gegeben, zwei lebenslange Leidenschaften miteinander zu verbinden: gutes, hausgemachtes Essen und High-Fantasy-Schreiben.