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gwyn

Posted on 26.9.2022

«Unendliche Weiten. Unendlich viel Wissen. Unendlich viele Möglichkeiten, etwas darüber zu erzählen.» So beginnt das Krakenbuch, klingt phantastisch nach Star-Wars-Sound. Es ist auch ein ungewöhnliches Kindersachbuch, weil es mehr ist als das. Michael Stavarič erklärt alles, was es über Kraken zu berichten gibt, und er setzt für Schlauköpfe Zusatzinfos dazwischen (die nicht alle etwas mit Kraken zu tun haben), Humorvolles, Randgeschichten, obendrauf einiges zum Mitmachen. Die schwarz-weiß Federzeichnungen von Michčle Ganser machen das Ganze zum Kunstwerk. «Eine Krake fand im Supermarkt kein Regal nach Krakenart, er ging lieber ins Kino und trank dort Cappuccino» Jedes Kapitel beginnt mit einem Gedicht. Aber von vorn: Alles beginnt mit dem Gedanken, was Ozean und Weltall miteinander gemeinsam haben, mit der Entstehung der Erde und dem Leben – kurz angerissen die Evolutionsbiologie, die man sich bei Interesse anlesen in einem Buch nachlesen soll (hier zum Beispiel). Ganz nebenbei erfahren die Schlaumeier, etwas über eine riesige Wolke aus Alkohol im Zentrum der Milchstraße, die nach Rum und Himbeeren duftet. Krake, Calamar oder Sepia? Die Unterschiede sind bereits deutlich auf der Illustration zu erkennen. Gemeinsam, durch direkte Ansprache begeben sich die Autoren mit den Lesenden ins Reich der Kraken und laden ein zum Meeresabenteuer. Ein Buch, das auf der persönlichen Ebene anspricht und nebenbei andere wissenswerte, auch neben dem Thema anspricht: Licht, Erde, Evolution, Genetik, Witze über Kraken, Suchbilder, Sprachliches, Geschichtliches, Literarisches, Literaturtipps, Filmtipps, Bilder zum ausmalen, ein Fundus an Informationen; das alles kindgerecht gestaltet und mit viel Humor präsentiert. Der Krake ist die Hauptsache, klar – aber das Buch punktet eben auch mit allerlei wissenschaftlichen Fakten aus allen Bereichen und rieselt «Blödsinn» hinein. Biologisches und Kurioses: Kraken öffnen Schraubgläser, können rechnen, schießen kräftige Wasserstrahlen auf Plastikdosen, weil sie spielen wollen, werfen Steine gegen die Scheiben eines Aquariums, löschen mit einem Wasserstrahl gezielt Lampen. Sie kriechen durch enge Löcher, können vorher abtasten, ob sie durchpassen werden. Für die Nachtruhe sichern sie ihr Versteck ab mit Steinen, Flaschen, Tonkrüge – eben alles, was sich am Meeresboden finden lässt. Hat eine Krake einen Lieblingsarm, können diese unabhängig voneinander agieren und wachsen sie nach, wenn eine abgehackt wird? Das und vieles mehr, erfahren wir in diesem ausgesprochen feinen Kinderbuch, das komplexe Sachverhalte kindgerecht erklärt. Wie viel «Finger» hat eigentlich eine Krake? Und wie viele Herzen? Zumindest meins haben die Kraken und das Buch gewonnen! Neben dem guten Text besticht das Sachkinderbuch in der Grafik. Die feinen Federzeichnungen sind ein Augenschmaus, präsentiert in hochwertiger Aufmachung mit Golddruck auf Glanzpapier. Die detailreichen Zeichnungen gehen auch mal zoomartig in den Bildausschnitt hinein, sie sind elegant-wissenschaftlich, bis hin zu wissenschaftlich-magisch. Wissenswerte Fakten treffen auf. Ästhetik! Eine klasse Kombination für ein Kinderbuch. Das Sachkinderbuch wurde ausgezeichnet mit dem «Emys-Sachbuchpreis 2021» «Wissenschaftsbuch des Jahres 2022» und dem «Österreichischer Kinder- und Jugendbuchpreis 2022» – wohlverdient! Wer sich für die Natur interessiert, wird hier ein Lieblingsbuch finden! Der Leykam Verlag gibt eine Altersempfehlung ab 8 Jahren – passt – ich erweitere auf Familienbuch! Das Kinderbuch ist auch als Unterrichtsmaterial zu empfehlen. Michael Stavarič wurde 1972 in Brno (Tschechoslowakei) geboren. Er lebt als freier Schriftsteller, Übersetzer und Dozent in Wien. Studierte an der Universität Wien Bohemistik und Publizistik/Kommunikationswissenschaften. 1995 in Aachen geboren, studierte Kommunikationsdesign in Aachen und Mainz. Besonders faszinieren sie das Weltall, die Sterne und die unterschiedlichen Planeten. In ihren Illustrationen vereinigt sie auf ungewöhnliche Weise spannende Themen und erschafft so ganz neue Welten. In ihrer Freizeit liest sie gerne – am liebsten Science-Fiction-Romane.

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