herbstrose
Ausbeutung oder doch Liebe? Zeljko, der sich gerne Jimmy nennen lässt, wohnt mit seinen Eltern und Geschwistern in Ludwigshafen. Die Einwandererfamilie aus Bosnien lebt sehr bescheiden in einer kleinen Wohnung, der Vater ist ständig unterwegs auf Montage und die Mutter ist mit ihren drei Putzstellen auch vollauf beschäftigt. Eine dieser Putzstellen ist bei Martha Gruber, einer 40jährigen verheirateten Professorin mit einem Kind, die in Heidelberg wohnt. Eines Tages, Jimmy ist 15 Jahre alt, lernt er Martha kennen - und ist sofort von ihr begeistert, ja er verliebt sich in sie. Sie hat alles, was er nicht hat: Geld, Bildung, Lebensart, Bücher und viel Selbstbewusstsein. Auch Martha ist von dem Jungen angetan und bemüht sich sehr um ihn. Sie lädt ihn ins Theater ein, schenkt ihm Bücher und verbringt viel Zeit mit ihm. Es beginnt eine seltsame Liebesbeziehung zwischen den beiden … Martin Kordić wurde 1983 in Celle geboren und wuchs in Mannheim auf. Er studierte in Hildesheim und Zagreb. Seit über zehn Jahren arbeitet er als Lektor in Buchverlagen, zunächst in Köln, heute in München. Für seinen Debütroman „Wie ich mir das Glück vorstelle“ erhielt er den Albert-von Chamisso-Förderpreis sowie die Alfred-Döblin-Medaille. „Jahre mit Martha“ ist sein zweiter Roman. Quelle: Fischerverlag Dieses Buch zu beurteilen fällt mir ausgesprochen schwer. Der Schreibstil ist zweifellos sehr ansprechend, die Geschichte liest sich angenehm flüssig und hätte schon aus diesem Grund eine gute Bewertung verdient – inhaltlich jedoch bin ich zwiegespalten. Dass sich ein unreifer Junge in eine sehr viel ältere Frau verliebt mag ja noch angehen, aber dass dann die Frau Professorin den Jungen förmlich anlockt, ihn für kleine Gefälligkeiten großzügig bezahlt und ihm später sogar ihre Kreditkarte zur unbeschränkten Verfügung überlässt, finde ich doch recht unglaubwürdig. Das nenne ich Prostitution unter umgekehrten Voraussetzungen - so etwas kann sich doch nur ein Mann ausdenken. Dass dann der junge Mann während seiner Studienzeit auch noch ein homosexuelles Verhältnis hat, währenddessen aber Marthas Kreditkarte fleißig weiter benutzt, ist schon grenzwertig. Dies alles hat mit Liebe, wie das Buch suggerieren möchte, nichts zu tun. Ein weiterer Kritikpunkt für mich ist, dass Jimmy für alles was ihm widerfährt seinen Migrationshintergrund verantwortlich macht, anstatt dankbar zu sein, dass die Familie in Deutschland leben darf. Sicher, sie müssen hart arbeiten, wenn sie es zu einem gewissen Wohlstand bringen wollen – aber das müssen alle anderen auch, auch ohne staatliche Hilfe. Diese Art von Selbstmitleid ist mir zuwider. Fazit: Aufgrund des gefälligen Schreibstils gebe ich dem Buch deshalb wohlwollende drei Sterne.