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„...Ich war in Watchfield House, dem englischen Landsitz von Baron Lydney, um dort wieder einmal meine Aufwartung zu machen. Danach wollte ich so schnell wie möglich das Weite suchen und die Vergangenheit endgültig hinter mir lassen...“ Wir befinden uns im Jahre 1866 im Viktorianischen England, als Eleanor diese Gedanken äußert. Sie wurde von ihrem Vater als Kuratorin ausgebildet. Der hatte maßgeblich die Kunstsammlung von Baron Lydney mit aufgebaut, war aber genau wie der Baron verstorben. Noch ahnt Eleonor nicht, was in der nächsten Zeit auf sie zukommt. Der historische Roman der Autorin ist zum Teil ein Liebesroman, zum Teil eine Krimi. Der Schriftstil passt in die Zeit. Die Personen werden gut charakterisiert. Eleanor hat die Firma der Familie übernommen. Zwar arbeitet ihr Onkel mit, der aber ist gesundheitlich angeschlagen. Nebenbei kümmert sich Eleanor um Frauen in einem Londoner Gefängnis. Sie versucht, ihnen den Glauben nahezubringen und ihr Los zu erleichtern. „...Danke für die Handschuhe und die Kleinigkeiten für die Jüngeren. Aber das schönste Geschenk ist, dass Sie hier herkommen, mit uns zusammensitzen und uns nicht vergessen...“ Baron Lydney hat verfügt, dass Eleanor nach einer Prüfung allein darüber entscheidet, ob seine Sammlung an seinen Sohn Harry geht oder an ein Museum. Brisant wird das Ganze dadurch, dass Eleanor auf einen Heiratsantrag von Harry gewartet hat. Der ist später als versprochen aus Italien zurückgekehrt und hat bisher geschwiegen. Gleichzeitig stellt Eleanor fest, dass ihre eigene Firma auf die Pleite zusteuert. Außerdem ist es schwierig, sich als Frau einen Namen im Kunsthandel zu machen. Ich erfahre eine Menge über das Leben der gehobenen Gesellschaft in der damaligen Zeit. Dr schöne Schein verdeckt manch Geldmangel. Der folgende Satz fällt bei einem Spielnachmittag. „...Manchmal ist es am besten, wenn man von Neuem beginnt, um vorwärts zu kommen, auch wenn es so aussieht, als hätte man verloren...“ Ganz nebenbei enthält das Buch Informationen darüber, wie man damals die Echtheit verschiedenster Kunstwerke geprüft hat. Bei der Beschreibung der Schätze arbeitet die Autorin gekonnt mit Adjektiven und Sprachbildern. „...Ich hatte es Lady Charlotte nicht erzählt, aber mein stärkstes Interesse galt dem Glas. Es war zerbrechlich und stark zugleich, fließend und fest, milchig und klar, strahlend und still, so vielschichtig wie die besten unter den Menschen...“ Mit der Handlung verwoben sind mehrere historische Personen. Allerdings hätte den Buch stellenweise eine Straffung gut getan. So kommt die kriminelle Seite des Geschehens relativ spät zum Tragen. Insgesamt hat mir das Buch trotzdem sehr gut gefallen. Es ist vielschichtig und zeigt, wie schwierig es für Frauen der Viktorianischen Zeit war, ihren eigenen Weg zu gehen.