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monerl

Posted on 24.9.2018

Meine Meinung Ich schließe die Buchdeckel und eine Gänsehaut bleibt. Es dauert noch eine kleine Weile bis ich sie abschütteln kann. Denn dieses Buch, diese Geschichte einer klugen und mutigen Frau kann ich nicht so leicht vergessen. Sie hat mich in ihren Bann gezogen und mich geprüft. Während des Lesens habe ich sehr oft das Buch zur Seite gelegt und nachgedacht. Meine Fragen und Gedanken handeln von Familie, Loyalität, von Liebe und Vertrauen. Es geht aber auch um Erkenntnis, Selbstvertrauen, Heranreifen, Misshandlungen, Gewalt, Selbstschutz und Entscheidungen treffen. Von alledem erzählt uns die Autorin ganz privat aus ihrem Leben. Und es bleibt einem die Spucke weg, das kann ich versprechen! Es war ein sehr langer und sehr schmerzhafter Weg, als Tara Westhover begriff, was ihr einst Dr. Kerry sagte: “>>Sie dürfen nicht mehr so denken<<, sagte er, nun etwas lauter. >>Sie sind kein falsches Gold, das nur in einem bestimmten Licht glänzt. Was auch einmal aus Ihnen wird, was Sie auch aus sich machen, Sie sind es immer schon gewesen. Es war schon immer in Ihnen. Nicht in Cambridge. In Ihnen. Sie sind Gold, sind es schon immer gewesen, und eine Rückkehr an die BYU oder zu dem Berg, von dem Sie kommen, wird nicht verändern, was Sie sind. Vielleicht verändert es das Bild, das andere von Ihnen haben, vielleicht sogar das, was Sie selbst von sich haben – sogar Gold wird in einem bestimmten Licht trüb -, aber das ist die Illusion. Und war es schon immer.<<” (S. 332) Die Essenz dieser Autobiografie ist für mich die Frage, wie viel seelische und körperliche Misshandlung ein menschlicher Geist ertragen kann, bevor er bricht oder erkrankt, wie viel, wenn die Aggressoren aus dem ersten familiären Kreis stammen? Es war sehr hart, die Antwort zu erlesen! Tara Westover nimmt uns in ihre Kindheit mit, mit auf den Berg, der ihr einst Sicherheit gab, mit in die Familie, die ihr den Glauben vermittelte und welche Kraft sie daraus ziehen sollte. Es wurde ihr eingebläut, wer und was gut und wer und was böse ist und welches Verhalten von ihr erwartet wurde, um im Kreise ihrer Familie ihren Platz zu erhalten. Doch Tara bricht aus. Ihr Hunger nach mehr, den sie zu dem damaligen Zeitpunkt nicht in Worte fassen kann, macht sie anders, treibt sie aus ihrer Familie heraus und auf direktem Weg zur Schule. Nach und nach wird ihr bewusst, was ihr alles durch fehlende Schulbildung vorenthalten und wie klein ihre Welt gehalten wurde. Bildung eröffent ihr den Weg zu Wissen und zur Emanzipation. Ohne je eine richtige Schulbildung gehabt zu haben, beißt sie sich durch und erlangt schließlich mit siebenundzwanzig ihren Doktortitel in Geschichte. Heute ist sie Dr. Westover. Ich ziehe meinen Hut vor ihr, denn sie hat mehrmals die Hölle durchlaufen, sich mit Zweifeln rumgeplagt und es irgendwie geschafft, dass sie nicht an dem, das sie erlebt hatte, zerbrochen ist. “Wir mussten doch dafür bezahlen, dachte ich. Mutter. Luke. Shawn. Wir hatten Prellungen, tiefe Wunden und Gehirnerschütterungen gehabt, unsere Beine hatten gebrannt, unsere Köpfe waren aufgeschlagen. Wir hatten im Alarmzustand gelebt, einer Art ständigem Terror, unsere Hirne wurden mit Cortisol überschwemmt, weil wir wussten, dass das alles jederzeit passieren konnte. Weil Dad immer den Glauben vor die Sicherheit stellte. Weil er sich immerfort im Recht wähnte – nach dem ersten Autounfall, nach dem zweiten, nach der Tonne, dem Feuer, der Palette. Und wir bezahlten dafür.” (S. 293) Die Autorin erkannte in einer Vorlesung die Symtome, die auf ihren Vater zutrafen. Er hatte eine bipolare Störung. Endlich konnte sie greifen, warum all die Jahre viel Schreckliches in ihrer Familie passiert war. Doch eine “Heilung” gab es für ihn nicht, da er durch seinen fundamentalistischen Glauben alle Ärzte, Krankenhäuser und Medikamente ablehnte, die ihm helfen könnten. In gut lesbarer und verständlicher Sprache bekommt der Leser hiermit ein Buch, das schwer zu ertragen ist. Es beruhigt mich zu wissen, dass Tara Westover es geschafft hat sich selbst zu finden und sich ein Leben aufzubauen, in dem sie sich und ihrem Umfeld vertraut, auch wenn das einen Bruch mit ihren Eltern und einigen Geschwistern nach sich gezogen hat. Manchmal muss man sich für eine Seite entscheiden und die andere loslassen, wenn man dazwischen nicht zerrissen werden möchte. Ich wünsche mir, dass die Autorin durch dieses Buch eine weitere Art der Verarbeitung gefunden hat, die ihr hilft, ihre Vergangenheit abzuschließen und weiter ihren Weg nach vorne zu gehen. Fazit Eine Autobiografie, wie man sie nicht jeden Tag liest. Sie schockiert, geht tief unter die Haut, macht wütend und traurig. Von mir gibt es das Prädikat absolut lesenswert! Es ist von Vorteil, wenn man sich daran erinnert, dass wir alle unterschiedlich sind und Verschiedenes erlebt haben. Es ist gut vor Augen vorgehalten zu bekommen, dass jeder sein Päckchen zu tragen hat, manche mehr, manche sogar noch viel, viel mehr. Der erste Eindruck ist oft bleibend, doch oftmals auch täuschend. Es schadet nie sich Zeit zu nehmen und hinter die Kulissen zu schauen.

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