Gilasbuecherstube
Wir befinden uns im Jahr 1862 in England. Die 49- jährige Kitty gehört zu den wenigen Frauen, die zu dieser Zeit einem Beruf nachgehen. Doch dafür verzichtet sie auf eine Familie und auf die Liebe. Auf der Polizeistation, auf der sie als Bürokraft arbeitet, wird sie eigentlich nur geschätzt, aufgrund ihrer hilfreichen Tipps. Denn Kitty verfügt über ein besonderes Talent. Nur durch die Berührung einzelner Gegenstände erhält sie treffsichere Vorahnungen, mit denen sie schon so manchen Fall aufgeklärt hat. Aber das ist, neben ihrer Schwärmerei für den Chief Inspector Patt Wallet, auch die einzige Abwechslung in ihrem recht eintönigen Leben. Als sie nach einem Treffen mit ihrer Freundin Tessi nach Hause gehen will, wird Kitty jedoch von einem Dampfonnibus angefahren und stirbt. Plötzlich trifft sie auf Gott persönlich und erhält von ihm einen wichtigen Auftrag, für den ihre Seele zurück auf die Erde geschickt wird. Sie soll Jagd auf einen mörderischen Dämon machen. Doch Kitty will auch endlich ihre zweite Chance nutzen und alles nachholen, was sie verpasst hat. Sie genießt ihr neues Leben und lässt sich nichts mehr verbieten. Ihre Seele ist nun frei und sie ist hungrig darauf, die Welt mit allen Sinnen zu kosten. Aber die ungeahnten Begierden lenken Kitty immer öfter von ihrer eigentlichen Aufgabe ab und so wird die Zahl der Opfer immer größer. Das Cover des Buches gefällt mir ausgesprochen gut. Es zeigt die Kulisse von London, die Hauptprotagonistin Kitty und Hände, die eine Geige spielen. Alles ist perfekt auf die Handlung der Geschichte abgestimmt. Als ich im Klappentext gelesen habe, dass die Hauptprotagonistin eine 49-jährige Frau ist, wurde meine Neugier sofort geweckt. Endlich einmal eine Geschichte über eine gestandene Frau und nicht über einen 17-jährigen Teenager. Eigentlich wollte ich am Abend nur ein paar Seiten lesen, doch ehe ich mich versah, war es zwei Uhr in der Nacht. Jana Paradigi hat es geschafft, mich schon auf den ersten Seiten abzuholen und es fiel mir ausgesprochen schwer, dass Buch zur Seite zu legen. Ich war völlig gefangen in der Geschichte und wollte direkt wissen, wie es weitergeht. Der Schreibstil ist wunderbar leicht und flüssig und ihre Ausdrucksweise sehr atmosphärisch. Jana Paradigi schaffte es innerhalb kurzer Zeit, die Bilder des viktorianischen Londons in meinem Kopf entstehen zu lassen und mich in die dreckigen Gassen Londons zu katapultieren. Mit ihren 49 Jahren ist Kitty keine typische Protagonistin für einen Fantasy-Roman, aber gerade das hat mich so fasziniert und neugierig auf die Geschichte gemacht. Und gerade das macht die Geschichte meiner Meinung nach so gut. Kitty will ihr Leben selbst gestalten und berufstätig sein, auch wenn das im 19. Jahrhundert nicht gerne gesehen wurde. Doch in Wirklichkeit unterwirft sie sich den gesellschaftlichen Normen und gibt sich mit dem Sieg zufrieden, den sie im Kampf mit ihrem Vater errungen hat. Doch als sie nach ihrem Tod zurückkehrt, ist sie völlig verändert. Plötzlich hat sie keine Probleme mehr damit, sich durchzusetzen. Sie entdeckt nicht nur ihre neuen Fähigkeiten, sondern will plötzlich auch ihre erotischen Wünsche ausleben. Aber auch alle anderen Protagonisten, wie zum Beispiel Rose und Eliza und Terri sind faszinierende Charaktere, die individuell gestaltet wurden und sich wunderbar in die Geschichte einfügen. Es gibt humorvolle Situationen und Dialoge, die mich zum Lachen gebracht haben, aber auch überraschende Wendungen, die dafür sorgten, dass es zu keinem Zeitpunkt langweilig wurde. Das Ende hat mich dann total überrascht und ich hoffe jetzt, dass Jana Paradigi uns bald mit einem zweiten Teil überrascht! Fazit „Kitty Carter –Dämonenkuss“ hat mich positiv überrascht. Es ist kein Abklatsch bereits dagewesener Geschichten, sondern ein Buch das über viel Tiefe verfügt und in der die moralischen und gesellschaftskritischen Regeln der damaligen Zeit unterschwellig mitschwingen. Dafür gibt es hochverdiente 5 Sterne und eine Leseempfehlung.