R. S.
Das Erbe der Sklaverein in Brasilien - eindrucksvoll erzählt „Die Stimme meiner Schwester“ von Itamar Vieira Junior ist ein beeindruckender und bewegender Roman über das Erbe der Sklaverei in Brasilien. Erzählt wird die Geschichte zweier Schwestern, Bibiana und Belonísia, die durch ein schicksalhaftes Ereignis in ihrer Kindheit eng miteinander verbunden sind. Beide sind Nachkommen ehemaliger afrikanischer Sklaven und gehören der Gemeinschaft der Quilombolos an. Schauplatz der Handlung ist die fiktive Farm Agua Negra im Nordosten von Brasilien. Allgegenwärtig in der Erzählung ist der Glaube der Quilombolos mit all seinen mystischen Elementen und ihre tiefe Verbindung mit dem Land, auf dem sie leben und arbeiten. Aufgeteilt in drei Teile, beginnt der Roman damit, dass man Sicht der einen Schwester Zeuge wird, wie die andere sich beim Spielen mit einem Messer aus Versehen die Zunge abschneidet. Erzählt erst aus Sicht der einen, dann der anderen Schwester, folgt man Bibiana und Belonísia beim Erwachsen werden und wie sie das harte Leben auf der Farm meistern. Durch ihre Augen gewinnt man einen Einblick in die Unterdrückung und Ungerechtigkeiten, denen sie als Frauen und als Arbeiter auf der Farm ausgesetzt sind. Im Gegensatz zu Belonísia, die sich mit dem harten Leben arrangiert hat, will Bibiana die Situation nicht länger hinnehmen. Sie beginnt zusammen mit ihrem Ehemann, die anderen Arbeiter von Água Negra zu organisieren und fordert ihre Rechte für das Land ein, auf dem deren Familien jahrzehntelang gearbeitet haben, das ihnen aber nicht gehört. Der Kampf um die Befreiung von Ausbeutung und Knechtschaft hat jedoch einen menschlichen Preis. „Die Stimme meiner Schwester“ ist ein Roman, der erst nach und nach seine ganze Kraft entfaltet, dann aber einen nicht mehr loslässt. Mittels seines kraftvollen und atmosphärischen Schreibstils versetzt der Autor einen in die Siedlung von Bibiana und Belonísia und vermittelt so ein authentisches und einfühlsames Bild vom Leben der Quilombolos. Ein Roman, der den Unterdrückten eine Stimme gibt und die Frauen in den Mittelpunkt stellt. Lesenswert!