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sursulapitschi

Posted on 30.8.2022

Für dieses Buch sind Taschentücher erforderlich. Hier lernt man, was das Wort „Hungersnot“ wirklich bedeutet, wie schrecklich und gnadenlos Hunger ist. In großen Teilen Russlands herrschte 1922 eine grauenhafte Hungersnot, weil die neue kommunistische Regierung nicht in der Lage war, die Versorgung eines so riesigen Landes zu organisieren. Aus Verzweiflung wurden wenigstens ein paar Kinder evakuiert. 500 elternlose Kinder sollten mit einem Zug von Kasan nach Samarkand gebracht werden, über 4000 Kilometer weit weg, weil es in Turkistan warm ist und weil es da jede Menge Lebensmittel gibt, hieß es. Nur lässt sich so ein Zug nicht besonders komfortabel ausstatten, wenn ringsherum Mangel an allem besteht. Woher soll man Proviant für mehrere Wochen Fahrt für 500 Kinder auftreiben? Es gibt keine Kleidung, keine Decken, keine Seife und auch nicht immer Wasser. Gusel Jachina erzählt hier von der irrwitzigen Reise dieses Zuges. Es liest sich wie ein aufregendes Abenteuer mit grausigem Hintergrund. Zugführer Dejew begibt sich verzweifelt in eine Gefahr nach der nächsten, um die Weiterfahrt des Zuges möglich zu machen und trifft immer wieder unerwartet großherzige und hilfreiche Menschen. Dieses Buch ist originell und anrührend und schafft es, mit Gefühl und Humor ein schlimmes Kapitel russischer Geschichte zu erzählen. Es erzählt so lebendig, dass man versucht ist, sich beim Lesen nach Flöhen abzusuchen. Es hat skurrile, traurige und schaurige Momente, aber auch Witz und ganz viel Herz. Ein paar Längen hat es auch bisweilen, das schmälert den großartigen Gesamteindruck aber kaum.

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