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Buchdoktor

Posted on 29.8.2022

Anders genießt als angestellter Trainer in einem amerikanischen Fitness-Studio das Ansehen seiner Kunden. Als er eines Morgens mit dunkler Hautfarbe aufwacht, erkennt er sich selbst nicht wieder. Auch andere - weiße - Menschen „erkennen“ ihn nicht mehr; während Schwarze sich verhalten, als wären sie längst vertraut mit ihm. Mit einem Schlag verliert Anders sein berufliches Ansehen. Alle scheinen zu erwarten, dass Hautfarbe zugleich Benehmen und Kompetenzen einer Person definiert. Doch woher soll Anders wissen, wie ein schwarzer Fitness-Trainer denken und handeln würde? Seine Umfärbung zieht das Studio und damit seinen Arbeitsplatz wirtschaftlich in die Tiefe. Anders Gelegenheits-Geliebte Oona erlebt das Verschwinden hellhäutiger Amerikaner zunächst aus der Distanz der Online-Trainerin ohne festen Job. Von der Sorge um ihre alternde Mutter absorbiert, dringt doch zu ihr das Undenkbare durch, dass Weiße sich erschießen – „wegen Farbe“. Beide Figuren sind mit den festgefügten Urteilen ihrer Eltern über Farbige konfrontiert, die nun ebenso für Anders und Oona gelten. Als sich eine hellhäutige bewaffnete Kampfgruppe in der Stadt bildet, muss die kleine Not-Gemeinschaft erkennen, dass sie in einem Kampfgebiet lebt, in dem sich niemand mehr zu einem Fitness-Kurs aus dem Haus trauen wird. Die Stadt versinkt in Anarchie und Anders Vater stirbt schließlich als allerletzter Weißer. Der traumatische Verlust von Identität und Ansehen zeigt sich in Mohsin Hamids Utopie besonders in der Beziehung der erwachsenen Kinder zum allein lebenden verwitweten Elternteil. Beunruhigender als die Ängste der jüngeren Generation wirkten auf mich die starren Normen „der Alten“ von Vertrautheit contra Fremdheit, die die gewohnte Ordnung sprengen. Eine verstörende Gedankenreise ins „Othering“.

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