Merle
Danke an Vorablesen und den Ullstein Verlag, die mir ein Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt haben. Meine Meinung ist davon unabhängig. Worum geht es? Bea steht kurz vor dem Burnout. Also lässt sie ihre schicke Hamburger Wohnung, den Job in einer Marketing-Firma und ihren Freund Marco zurück, und macht sich mit einem VW Bulli auf nach Skandinavien. Sie will bis zum Nordkap kommen, aber das alte Auto macht in einem schwedischen Dorf schlapp. Während sie also auf einen neuen Motor warten muss, freundet sie sich mit dem alleinerziehenden Vater Per an, der Tiny Houses baut. Diese Begegnung stellt Beas ganze Welt auf den Kopf… „Fast bis zum Nordkap“ von Judith Pinnow ist so ein Buch, dass sich perfekt für den Urlaub eignet. Mit seinen knapp 290 Seiten lässt es sich auch gerne mal an einem freien Tag lesen – ich habe es an zwei Nachmittagen gelesen, als die Außentemperatur 32 Grad betrug, und ich mir nichts sehnlicher gewünscht habe, als mit Per in einen der eiskalten schwedischen Seen zu springen, oder mit Bea in Nannis Café einen Kakao und gebackene Leckereien zu genießen, während draußen der Regen an die Scheiben prasselt. Die Atmosphäre hier ist ein großer Pluspunkt für das Buch. Ich bin ein großer Skandinavien-Fan und war diesen Sommer erst selbst in Dänemark und Schweden. Auch die Elche, die nicht nur das Cover zieren, sondern auch eine gewissen Symbolik im Buch selbst haben, fand ich eine tolle Ergänzung. Ich habe selten so einen schönen letzten Absatz eines Buches gelesen! Ansonsten ist das Buch eine leichte Sommerlektüre für mich gewesen. Es gab nichts, was mich groß gestört hätte, aber es fehlten mir die Überraschungen und die Unvorhersehbarkeit. Mir war von Anfang an klar, was passieren wird und wie die Geschichte ablaufen wird – aber genau solche Bücher will ich auch für den Urlaub haben. Zwischendurch fehlt einfach etwas Tiefgang. Vieles bleibt oberflächlich und geht sehr schnell. Besonders die Deals in Beas Marketingjob habe ich nicht durchschauen können, und habe deshalb den Konflikt um „Lupin“ dort auch nicht so ganz verstanden. Und wie gesagt, das Buch hat nur unter 300 Seiten – dementsprechend schnell muss sich das ja auch alles entwickeln. Ich habe gemerkt, dass ich doch lieber dickere Bücher lese, in der es etwas langsamer zugeht. Zum Abschluss noch etwas, das mir positiv aufgefallen ist. Und zwar kommt bei einem Perspektivenwechseln zwischen Per und Bea meistens (immer?) ein Wort aus der Perspektive des einen, in der Perspektive des anderen vor. Beispiel: S.44-46. Bea möchte in einem Haus Urlaub machen, dass eine „Tür nach draußen hat“ (wo sie also schnell rauskommt). Und Per träumt davon, dass er in einem langen Flur voller Türen ist, indem seine eine Tochter irgendwo ist. Dieses Element hat die Perspektiven wirklich schön miteinander verbunden, sodass ich es leicht fand, das Buch einfach durchzulesen. Es gab keine wirkliche Pause zwischen den Kapiteln; sie gingen so gefühlt nahtlos ineinander über. Ich gebe dem Buch 3.5 von 5 Sternen, weil es eine schöne Urlaubslektüre mit toller Atmosphäre war und dieses Detail mit den Elementen im Schreibstil hatte; aber mir persönlich ging es ab und zu zu schnell, und ich hätte mir einfach ein paar mehr Seiten gewünscht.