Buchdoktor
Jakob war auf dem elterlichen Hof in Oberösterreich mit Instinkt für das Wetter aufgewachsen, das die Arbeit im Jahreslauf diktierte. Den Hof hat der Jungbauer übernommen und zugleich die Last, mit seinem Vater und seiner wunderlichen Großmutter unter einem Dach leben zu müssen. Der Vater hat bisher in allem versagt, das er anpackte, hat Entscheidungen getroffen, als wolle er den Hof ruinieren, allein um Jakob als Versager dastehen zu lassen. Der verstorbene Großvater hatte mehr von Jakob gehalten als von dessen Luftikus von Vater. Die Großmutter dagegen legte bisher noch keine Karten auf den Tisch, ob sie ihrem zuverlässigen Enkel Land zu vererben hat. Da Jakob eine Schwester hat, die nur als Urlauberin auf den Hof kommt, drängt die Entscheidung, wer offiziell den Hof übernehmen wird. Das Verhältnis zwischen Jakob und der Großmutter wirkt eisig. Der junge Bauer will nach dem Ende der Milchviehhaltung eine Monokultur vermeiden, versucht sich zum Getreideanbau zusätzlich als Hühner- und Fischzüchter. Vom Fischreiher und vom Fuchs als Konkurrenten verfolgt, erleidet er Misserfolge und muss einsehen, dass Fleiß und Risikobereitschaft allein noch keinen wirtschaftlichen Erfolg bringen. Schutzauflagen, die offiziell dem Tierwohl dienen sollen, und die EU-Bürokratie scheinen gerade Kleinbetriebe wie seinen in den Bankrott zu treiben. Der Aushilfsjob als Schulhausmeister kann Jakobs Problem nicht lösen; er kostet ihn zu viel Zeit, die auf dem Hof fehlt. Als Katja mit einem Kunststipendium ins Dorf kommt, treffen mit den beiden Welten aufeinander. Beide werden zu Komplizen, die aus dem Alltagstrott ausbrechen wollen. Katja ist interessiert am Hof, bringt eigene Ideen ein, doch da Jakobs Mutter nie außerhalb des Hauses arbeitete, kann er nur schwer im Team mit Katja zusammen arbeiten. Jakob, der schon als Kind wie ein Erwachsener mitarbeitete, sieht hinter ihren Plänen immer nur den Arbeitsaufwand. Als ein erkrankter Bauer im Dorf vertreten werden muss, ist es Katja, die ungeahnte Talente entwickelt, einen Vertrag entwirft und eine vernünftige Lösung findet. Ein beunruhigendes Ereignis zu Anfang des Romans wirft schließlich die Frage auf, ob Jakob wirklich der fähige Bauer ist, den sein Großvater in ihm als Kind sah, oder ob er mehr Züge seines hochmanipulativen Vaters entwickelt, als ihm lieb sein kann. In einer durch komplizierte Satzkonstruktionen leicht pathetisch wirkenden Sprache zeigt Reinhard Kaiser-Mühlecker den Weg eines jungen Bauern, der im Dorf bleibt und feststellen muss, dass Erfolg nicht allein von ihm Fleiß und Zuverlässigkeit fordert, sondern seine Partnerin und die Altbauern mit an einem Strang ziehen müssen. Etwas zu problemlos fügt sich Katja in die Rolle der strukturiert denkenden modernen Bäuerin; das Schicksal des erkrankten Bauern Fritz demonstriert dagegen aus anderer Perspektive die Abhängigkeit eines Hofs von der Arbeitskraft des Hofinhabers. Zahlreiche Nebenfiguren tragen universelle Konflikte in die Familie - die schließlich wie in einem Unwetter von unausgesprochenem Hass aufeinander eingeschlossen wirkt.