letterrausch
Wollte man erklären, warum dieses Buch existiert, müsste man sehr weit ausholen: Die Geschichte beginnt in den 1990er Jahren mit der Amerikanerin Diana Gabaldon, die sich durch eine alte Folge „Doctor Who“ zu einer Geschichte über eine Zeitreise ins Schottland des 18. Jahrhunderts inspiriert fühlte. Und so schrieb sie einen Roman über die Krankenschwester Claire Randall, die nach dem 2. Weltkrieg mit ihrem Mann Frank eine verspätete Hochzeitsreise nach Schottland macht. Sie gerät in einen Steinkreis, der Wind pustet, die Luft summt und – krachbumm; Claire befindet sich zwar noch am selben Ort, doch ist sie 200 Jahre in der Zeit zurückgereist. Dieser erste Roman um Claire und ihr schottisches Sahneschnittchen Jamie Fraser war dermaßen erfolgreich, dass sich daraus eine Reihe entwickelte, die bisher neun Romane umfasst – alle mit Leichtigkeit um die 1000 Seiten stark. Wir spulen etwas vor und landen im Jahr 2014 – da nämlich beschloss der amerikanische Pay TV-Sender Starz (manche kennen ihn vielleicht von „Spartacus“), aus Diana Gabaldons beliebter Romanreihe eine TV Serie zu machen. Die beiden Autorennamen auf dem Cover dieses Buchs spielen in dieser Serie („Outlander“ heißt sie) eine wichtige Rolle: Sam Heughan spielt die Hauptrolle – jenen rothaarigen Schotten namens Jamie Fraser –, und Graham McTavish ist für zwei Staffeln als sein hinterhältiger Onkel Dougal MacKenzie unterwegs. Beide Schauspieler sind waschechte Schotten, die es ganz offenbar genossen haben, in ihrer Heimat zu drehen. Denn der Arbeit an Outlander verdankt sich das Projekt „Clanlands“, das eigentlich eine Miniserie ist, in der Sam und Graham in einem recht untauglichen Wohnmobil durch Schottland fahren und Menschen treffen. „Clanlands – Zwei Männer, Kilts und jede Menge Whisky“ könnte man als Begleitbuch oder auch als Making-of bezeichnen, denn es will vieles auf einmal sein: Eine Nacherzählung der Reise durch Schottland, eine Buddy-Comedy, ein Einblick in schottische Geschichte, aber auch ein Egotrip der beiden Protagonisten. Damit ist die Zielgruppe sehr eng umrissen. Man sollte mindestens „Oulander“-Fan sein und am besten beide Schauspieler für den Nabel der Welt halten. Und man sollte außerdem ein Faible für Schottland mitbringen. Und einen Sinn für Humor. Ich hatte mich darauf gefreut, Schottland durch die Augen dieser beiden Schauspieler zu erkunden. Ich habe das Land mehrmals besucht und habe mich auch in der Vergangenheit mit der Geschichte und Kultur dieses Landstrichs beschäftigt. Für mein (vermutlich nicht repräsentatives) Grundwissen bot das Buch nichts Neues, vor allem, weil es sich thematisch oft an dem abarbeitet, was auch Diana Gabaldon beschreibt: den Jakobiten und dem letzten Jakobitenaufstand 1745/1746. Das Buch heißt eben „Clanlands“ und es möchte vor allem die Clanstruktur beschreiben und wie sich diese nach der Schlacht von Culloden veränderte und sich heute darstellt. Das heißt, es geht um etliche Fehden (Gummipunkt für jeden, der bei der Lektüre einen Überblick über all die Namen und Clans behält), um Schlachten, um politische Intrigen und vieles mehr. Dabei lebt das Buch von Sams und Grahams Freundschaft. Die Rollen sind hierbei klar verteilt: Sam ist der jugendliche Held, abenteuerlustig bis zur absoluten Dummheit, aber charmant und ehrlich. Graham dagegen (immerhin fast 60) ist die alternde Diva, bei der es ständig in den Knochen ziept, die Wert auf guten Wein legt und nach zwei Takes schon außer Atem ist und an das Stunt Double übergibt. Die beiden könnten also unterschiedlicher nicht sein, trotzdem verbindet sie eine Freundschaft, die auf jeder Seite des Buchs durchscheint. Wie man sich da gegenseitig neckt und sich Streiche spielt, das ist wirklich unterhaltsam! Trotzdem blieb ich bis zum Schluss untenschlossen, was ich von diesem Buch nun zu halten habe. Finde ich es gut, dass es den Fokus auf die Freundschaft der beiden Autoren legt? Durchaus. Aber muss sich so ein Buch als endloser Egotrip gerieren, in dem beide Schauspieler ständig von vergangenen Dreharbeiten schwadronieren („damals beim Hobbit“ - Graham, im Gegensatz zu „damals mit Vin Diesel“ bei Sam), die keinen interessieren und den Fokus von dem wegnehmen, wovon das Buch eigentlich handeln soll? In diesen Passagen liest sich „Clanlands“ wie ein Wochenende auf einer Convention, bei der Schauspieler dafür bezahlt werden, sich auf eine Bühne zu stellen und über sich selbst zu reden. In diesem Kontext funktioniert das auch, denn genau deswegen ist man als Zuschauer da. Wenn ich allerdings ein Buch über zwei Schotten lese, die ihre Heimat erkunden, dann möchte ich nicht mit endlosem Namedropping bombardiert werden und hinterher mehr über die Filmographie von Graham McTavish wissen als über Schottland. Das Buch ist infolgedessen nur empfehlenswert, wenn man zu der oben beschriebenen, eng umrissenen Zielgruppe gehört und wenn man sich nicht daran stört, dass sich hier zwei (seien wir ehrlich) B-List Stars ununterbrochen bebauchpinseln. Immerhin, sie hatten Spaß. Und ich auch. Meistens jedenfalls.