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Posted on 19.8.2022

Von Nachtmahren, Lichtverschmutzung, Hütten im Schneesturm, Sternen und Stille Sigri Sandberg, Journalistin und Sachbuchautorin aus Norwegen ist nicht gerne allein. Schon gar nicht im Dunkeln. Damit ist sie sicher keine Besonderheit. Was sie allerdings dagegen unternimmt, ist schon etwas speziell. Für ihr Sachbuch „Dunkelheit – Liebeserklärung an den Nachthimmel“ aber auch für sich selbst, begibt sie sich auf Spurensuche nach der Dunkelheit. Fünf Tage, so ist es geplant, verbringt sie alleine in einer bergigen Polargegend in der Dunkelheit auch tatsächlich Dunkel ist. Dort es auch möglich ist die Milchstraße zu erkennen, Lichtverschmutzung, auch ein Thema dem sie sich locker plaudernd en passant widmet, gibt es hier nicht. 1222 Meter über dem Meeresspiegel liegt Europas höchster Bahnhof. Finse. Keine Bäume, durchschnittliche Jahrestemperatur unter Null Grad. NorwegerInnen nennen es die südliche Arktis. Shackleton und Nansen trainierten dort für ihre Expeditionen. Sandbergs haben dort eine Hütte, zu Fuß erreichbar, Vorräte zieht man auf dem Schlitten hinterher. Sigri erkundet die Dunkelheit und ihre Auswirkung auf sich. So ganz alleine ist sie dabei nicht. Denn sie liest die Aufzeichnungen von Christiane Ritter, einer feinen Dame des böhmischen Großbürgertums, die 1934 einen ganzen Winter auf Spitzbergen zubrachte. In Begleitung ihres Felle jagenden Mannes und seinen Kompagnons. So vermischen sich viele Fakten und interessante Untersuchungen zur Dunkelheit oder ihrem Fehlen, auf Menschen allgemein, mit den Erlebnissen der beiden, durch fast ein Jahrhundert getrennten, Frauen. So ist dieses schmale Buch sowohl informativ wie auch ein wenig poetisch, sieht man von den Gedichten des Norwegers Jon Vosse ab, die ich mit dem Geschriebenen nie in Einklang zu bringen vermochte, waren doch die Berichte der Autorin und die Passagen aus Christiane Ritters selsbt wahrgenommenen Empfinungen viel nahbarer und Kopfkino auslösend. Für mich, die schon jedes Jahr im Herbst merkt, wie das Licht anfängt zu fehelen und die weiß, dass sie auch bei Mistwetter gegen Winterdepression laufen gehen muss um da nicht reinzufallen, war „Dunkelheit“ sehr interessant. Ein paar Tipps werde ich sicher noch umsetzen. Wer etwas über Dunkelheit, ihre kulturelle Mehrfachbedeutung, Lichtverschmutzung, jahreszeitlich bedingte Depressionen und die Schönheit der Stille und Abwesenheit von Helligkeit erfahren möchte dem kann ich Dunkelheit nur empfehlen. Ein Thema das wichtig ist für unsere psychische und physische Gesundheit, aber auch wichtig um zu merken wie sehr wir Dunkelheit in ihren Auswirkungen auf die Natur und Ökologie unterschätzen.

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