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Wordworld

Posted on 14.8.2022

Die Eindrücke: Inhalt: John Green ist bisher vor allem für seine international bekannten Jugendbücher (zum Beispiel "Schlaft gut, ihr fiesen Gedanken", "Eine wie Alaska" oder "Das Schicksal ist ein mieser Verräter"), aber auch als Podcaster und YouTuber bekannt. Mit der Essaysammlung "Wie hat Euch das Anthropozän bis jetzt gefallen" mischt er philosophische Gedanken über Existenz, Genie, Menschsein, Hoffnung und Zukunft mit gut recherchierte Fakten und persönlichen, autobiografischen Einblicken in sein bisheriges Leben, den Umgang mit der Corona-Pandemie und psychische Belastungen. Ob John Green mit den 44 kurzen Essays wirklich die Essenz des Anthropozän - also des vom Einfluss der Menschheit dominierten Erdzeitalters - trifft, ist jedoch fragwürdig. Die Auswahl der Themen, sinnbildlich für das aktuelle Zeitalter der Menschen auf der Erde stehen sollen, wirkte auf mich leider etwas trivial und litt unter einem starken Fokus auf USA-spezifische Orte, Produkte, Traditionen und Lebensrealitäten wie zum Beispiel Diet Dr. Pepper, CNN, Indianapolis oder die Bonneville Salt Flats, mit denen eine internationale wohl weniger anfangen kann. Der große Aha-Effekt zum Anthropozän blieb bei mir also aus, da es sich unterm Strich mehr um einen subjektiven, autobiografischen Erlebnisbericht als um ein Sachbuch handelt. Wer also schon immer mal einen authentischen und an einigen Stellen beinahe intimen Blick auf den sympathischen Menschen hinter den erfolgreichen Bestsellern werfen wollte, wird hier spannende Einblicke erleben. Schreibstil: Die große Stärke des Romans ist, dass er sich trotz des enormen inhaltlichen und emotionalen Tiefgangs humorvoll und leicht lesen lässt. Der Mix aus unterhaltsamen Fun Facts, existenziellen Gedanken und persönlichen Anekdoten funktioniert unfassbar gut und so unterhält, informiert und berührt "Wie hat Euch das Anthropozän bis jetzt gefallen?" uns LeserInnen gleichermaßen. Man merkt den kurzen 2-7-seitigen Essays auch stark an, dass John Green durch seinen schriftstellerischen Werdegang darin geübt ist, komplexe Themen verständlich auf den Punkt zu bringen und seine Meinung zu äußern. So werden wir beim Lesen weder über- noch unterfordert und zwischen seiner ganz persönlichen Perspektive und wissenswerten Fakten bleibt genügend Raum für eigene Gedanken. Naturgemäß gefielen mir dabei einige Essays besser als andere. Während beispielsweise der Artikel über "die zeitliche Verbreitung der Menschheit" gekonnt informiert hat, mich Greens Gedanken zu "unserer Fähigkeit zu staunen" bewegt und zum Nachdenken angeregt haben, habe ich wieder andere wie beispielsweise sein Essay über die mir völlig unbekannte Band "The Mountain Goats" nur teilnahmslos überflogen. Festzuhalten ist jedoch, dass jedes der Themen sorgsam von verschiedenen Seiten beleuchtet wird, bevor eine subjektive Sternebewertung am Ende jedes Essays erfolgt und er damit den Kern des Menschseins trifft: wir sind die einzige lebendige uns bekannte Spezies, die über ihre Existenz, ihren Einfluss auf die Welt und ihre Zukunft reflektieren und nachgrübeln kann und das macht das Anthropozän zu einer Zeit, die gleichsam voller Schrecken und Wunder ist! Die Zitate: “Kann sein, dass wir nie erfahren werden, warum wir hier sind, aber wir können hoffnungsvoll behaupten, dass wir hier sind. Ich finde nicht, dass diese Art von Hoffnung albern oder idealistisch oder abwegig ist. Wir leben in Hoffnung – dass das Leben besser wird, und vor allem, dass es weitergeht, dass die Liebe überdauert, obwohl wir es nicht tun.” “Ich weiß, dass wir überall Wunden geschlagen und Narben hinterlassen haben und dass unser besessenes Verlangen, zu machen, zu haben, zu tun, zu sagen, zu gehen und zu wollen – im Englischen mit die häufigsten Verben -, uns letztendlich die Fähigkeit rauben werden, einfach zu sein, das häufigste Verb im Englischen.” “Ich habe mein ganzes bisheriges Leben gebraucht, um mich in die Welt zu verlieben, aber seit ein paar Jahren kann ich es selbst spüren. Wenn man sich in die Welt verliebt, heißt das nicht, dass man über das Leiden hinwegsieht, sei es nun menschlicher oder anderer Art. Sich in die Welt zu verlieben bedeutet für mich, zum Nachthimmel aufzublicken und zu spüren, wie der Verstand angesichts der Schönheit und der Ferne der Sterne ins Schwimmen gerät. Es bedeutet, unsere Kinder an uns zu drücken, wenn sie weinen, oder zuzusehen, wenn im Juni die Platanen austreiben. Wenn mein Brustbein schmerzt, wenn sich mein Hals zusammenzieht und wenn mir Tränen in die Augen schießen, dann will ich diese Gefühle nicht an mich heranlassen. Ich möchte sie ironisch abwehren und auch sonst nichts unversucht lassen, damit ich sie nicht direkt spüre. Wir alle wissen, wie das Lieben endet. Ich möchte mich aber trotzdem in die Welt verlieben, möchte, dass sie meine Schale aufbricht. Solange ich hier bin, möchte ich alles spüren, was es zu spüren gibt.” “Man kann die Zukunft nicht vorhersehen - nicht die Schrecken, natürlich nicht, aber auch nicht die bevorstehenden Wunder, die Augenblicke lichtdurchfluteter Freude, die jeden von uns erwarten.” “Wie hat mir das Anthropozän bis jetzt gefallen? Es ist voller Wunder! (...) Wie hat mir das Anthropozän bis jetzt gefallen? Es ist schrecklich!” Das Urteil: "Wie hat Euch das Anthropozän bis jetzt gefallen" ist sowohl lehrreich als auch unterhaltsam und weiß zusätzlich mit autobiografischen Einblicken in das Leben John Greens zu begeistern. Wir lernen hier aufgrund der stark subjektiven und zusätzlich sehr amerikanischen Perspektive zwar mehr über den Autor als Individuum als über die Menschheit im Allgemeinen, dieses Sachbuch ist aber so charmant, einfühlsam und humorvoll geschrieben, dass man sich beim Lesen ein bisschen in die Welt, die Menschheit, den Autor und sich selbst verliebt! Auch wenn es einer gewissen Ironie nicht entbehrt, eine Rezensionssammlung mit 5-Sterne-System in eben diesem 5-Sterne-System zu bewerten, vergebe ich hoffnungsvolle 4,5 Sterne mit leicht realistischem Einschlag für das Anthropozän und dieses Sachbuch.

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