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tintenwelten

Posted on 2.8.2022

Marlenes Familie beschließt über ihren Kopf hinweg, dass diese als Freiberuflerin, die „ja nicht richtig arbeitet“ die geerbte Kleingartenparzelle einer ihr völlig unbekannten Tante auf Vordermann bringen MUSS damit dieser bestmöglich verkauft werden kann. Selbstredend übernimmt Marlene diese Aufgabe nach nur sehr kurzer Empörung und ohne großartig Rückfragen zu stellen oder Einspruch zu erheben. Und das obwohl sie als Journalistin durchaus genug zu tun hat und sowohl geschäftlich als privat völlig unorganisiert und chronisch unpünktlich ist. Mit gärtnerischer Erfahrung, die gegen Null geht, aber mit jeder Menge Vorurteilen erscheint sie also im Schrebergarten. Und ist schließlich einerseits überrascht wie viel Arbeit dieser macht, gleichzeitig aber ganz begeistert von der traumhaften Lage direkt am Bodensee. Der Ausgleich zu ihrem hektischen Alltag tut ihr zunehmend gut und auch ihre Mitgärtner schließt sie schnell ins Herz. Doch das Kleingartenidyll soll nur von kurzer Dauer sein, denn ein Bauunternehmer hat ebenso das Potential dieses Fleckchens Erde erkannt und möchte die Gärten samt Vereinsheim durch ein Luxushotel ersetzen. Natürlich ist klar: ein Plan muss her, um das zu verhindern! Mir war zu Beginn völlig schleierhaft, wie sich Marlene als erwachsene und selbstständige Frau Anfang 30 so von ihrer Familie bevormunden lassen kann. Auch ihre Denkweise hat mich teilweise etwas irritiert. So kommt sie zu einem Date über eine halbe Stunde zu spät, wundert sich, dass dieser Umstand auf Unmut stößt und ist dann noch selber beleidigt, als er sich nicht so verhält wie gewollt 😂 Nach diesen anfänglichen Schwierigkeiten mit der Protagonistin wurde sie mir aber zunehmend sympathisch. Man merkt, dass die Gartenarbeit positiven Einfluss auf sie hat. Ich mochte ihre Garten-Nachbarn sehr gerne. Es sind alles liebenswürdige, besondere Charaktere, die immer wieder für ein Schmunzeln oder einen emotionalen Moment sorgen. Auch der Zusammenhalt ist riesig, was mir sehr gefallen hat. Gemeinsam kämpfen sie für das, was ihnen wichtig ist. Wer schonmal am Bodensee oder sogar auf der Insel Mainau war, weiß wie wunderschön es dort ist. Daher liebe ich auch das Setting. Es hat direkt Urlaubsgefühle bei mir ausgelöst und ich kann verstehen, warum alle sich in diesem Paradies direkt am Strand so wohl fühlen. Auch die Beschreibungen der Gartenarbeit, dem Pflanzen, Ernten und Verarbeiten verschiedener Obst- und Gemüsesorten oder Kräuter hat direkt Lust gemacht, selber einen Garten anzulegen oder etwas anzubauen. Ein cooles Gimmick wäre es in diesem Zusammenhang gewesen, wenn man am Ende vielleicht ein oder zwei kurze Rezepte oder ein paar Gärtnertipps angefügt hätte. Insgesamt wirkt es auf mich so als gäbe es ein paar Zufälle zu viel im Buch. Auch das Ende kam sehr abrupt. 10 Seiten davor habe ich mich noch gefragt wie man das bitte alles noch auflösen möchte. Aber offensichtlich: es hat geklappt. Mir ging es leider etwas zu schnell und zu „einfach“. Als Sommer- und Urlaubslektüre kann ich „Gartenglück mit Seeblick“ empfehlen. Der Schreibstil ist locker, leicht und kurzweilig, die Charaktere fast alle sehr charmant und das Setting ist ein Traum. Wer sich zudem fürs Gärtnern begeistern kann, wird hier auf seine Kosten kommen.

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