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gwyn

Posted on 23.7.2022

Der Anfang: «Wie immer kurz vor dem Finale war Igor Poljakow berauscht von diesem archaischen Trieb des Tötens. Seine Hände zitterten vor Erregung, als er die App auf dem Smartphone öffnete. Der rot blinkende Punkt des GPS-Trackers bewegte sich zügig auf ihn zu, sie mussten jeden Augenblick auftauchen.» Was wollte der Autor mir mit diesem Buch sagen? Einfach mal irgendeinen Thriller schreiben? Dies ist das schlechteste Buch aus dem Crimebereich, das ich seit langem gelesen habe. Handlung, Charaktere, Stil – nichts, das man herausheben könnte. Ziemlich viele Personen und Handlungsstränge bringen keine gradlinige Story zusammen, Spannung kommt nicht auf und und das Ende ist obendrein schlicht langweilig. Igor Poljakow ist ein Auftragskiller und einer von der Sorte, denen der Job Spaß macht, insbesondere, wenn man dabei Frauen langsam quälen kann. Er hat einen zweiten Strang: Der Mann hat schon einmal gelebt, vor 400 Jahren, zur Zeit der Hexenverfolgung. Eine Nebenstory, die hier so gar nicht hineinpassen will. Nun bekommt er den Auftrag, eine Journalistin zu töten, Hanna – und genau die hat er als die böse Nonne identifiziert, die ihn vor 400 Jahren gequält hat. Welch ein Zufall. Nebenbeibemerkt, die Dame lebt ein Dreivierteljahr später immer noch und der Auftrag ist dem Autor entfallen, wird nie wieder erwähnt. Sehr aufwendig installiert er bei Hanna Überwachungselektronik und beobachtet sie. Igor reist mit wechselndem Namen durch die Welt und mordet an diversen Orten und überall ermittelt die Polizei. Sehr merkwürdig, wie diese Tatortpolizisten agieren. Dieser Mörder, der absolut sauber arbeitet, hinterlässt dann doch in LA einen halben Fingerabdruck und DNA im Abfluss der Dusche, Zufall. Und zufällig hatte die Tote einer Freundin erzählt, bei einem Videochat hätte sie eine Jacke im Hintergrund gesehen ... Und zufällig ahnt man nun, welchen Beruf der Mann hat. Damit ist der Täter schnell eingekreist; man stellt mal schnell unkompliziert eine Amtshilfeanfrage nach Deutschland und Schwupps hat man den Täter erwischt und verhaftet. Die Geliebte ist entsetzt. Die Dialoge in diesem Buch sind insgesamt extrem schwach – aber die Polizeiverhöre toppen alles. Dagegen sind die der «Rosenheimcops» fast Reality. Hanna Engel ist die besagte Zielperson, die zu töten ist. Ihre Geschichte beginnt in Nigeria, wo sie über Frauen im Rebellengebiet berichten will. Das wird anerzählt – Ende. Was dort genau gelaufen ist, werden wir nicht erfahren – sie ist eben gescheitert, hat schlechte Erinnerungen. Ihr Lebenspartner, Vincenzo, ist der Chef des Medienunternehmens, in dem sie arbeitet (schicker Anzug, teure Schuhe und Goldkettchen) – er macht ihr vor versammelter Belegschaft auf der Bühne einen Heiratsantrag. Und sie weist ihn ab, weil sie ihn sowieso verlassen will und kündigen. Auch hier erfahren wir nichts weiter über die Beziehung und die Gründe, weshalb Hanna sie beenden will. Der Mann ist Sizilianer – und was machen Sizilianer, wenn ihnen die Frau wegläuft? Vendetta! Den Auftrag zum Abmurksen erteilen. Und vorher natürlich als mächtiger Mann dafür sorgen, dass kein großer Medienkonzern die so fähige Journalistin einstellt! Hanna verliebt sich nun in einen Piloten. Und überall auf der Welt, wo Jens landet, passieren schreckliche Frauenmorde ... das ist sehr durchsichtig. «Seit vielen Jahren führte er dieses elektronische Tagebuch. Jeden Mord, jede Folter, egal ob Auftrag oder Privatvergnügen, trug er detailliert ein. Das Tagebuch war seine Bibel.» Der Killer hatte eine schlechte Kindheit und eine ganz schlimme vor 400 Jahren. Jesses! Klischees, Klischees, Klischees ... Marius, stellvertretender Leiter der Mordkommission K11 benötigt natürlich auch eine Nebenstory – er arbeitet nur Teilzeit, in der anderen Hälfte begattet er reiche Frauen, um teure Geschenke zu erhalten, z.B. einen Porsche. Welchen Sinn hatte dieser Strang? Flache, leblose Figuren. Nebenfiguren, von denen man sich fragt, warum sie überhaupt mitspielen. Viele angefangene Stränge, die im Sande verlaufen. Figuren in Masse, über die man nichts erfährt. Hier wird viel gestrahlt, gegrinst und gelacht: «Er strahlte sie wieder an.» Frauen ergötzen sich an dem muskulösen Körper des hinreißenden Killers – da macht es nichts, dass er ein wenig klein geraten ist. Der Autor ist Pilot. Wenn er über das Fliegen schreibt, dann wird er glaubhaft und kompetent, die Passagen sind allerdings kurz. Und es gibt dann immer wieder Sätze, die einem vom Stuhl reißen: «Dicke Backen und der Ansatz eines Doppelkinns ließen einen Schweinefleischfresser vermuten.» Ein Versuch von Hardboiled-Literatur – aber das funktioniert nicht wirklich. Sprachlich einfach gestrickt mit einigen Ausdrucksfehlern, stilistisch nicht rein, es kommt keine Atmosphäre auf in den vielen kleinen Baustellen. Es wird erklärt, wo es nicht nötig ist, man kommt den Protagonisten nicht nahe und bekommt kein Gefühl für die Örtlichkeiten, holzschnittartig, alles ohne Leben. Drum habe ich viel quergelesen. Einige aufgenommene Maschen in der Geschichte werden fallengelassen, reißen Löcher hinein. Selbst der Spannungsbogen ist merkwürdig, denn der flacht nach hinten total ab. Ruckzuck findet die Polizei Spuren, Kommissar Zufall ist behilflich und man zählt eins und eins zusammen; kauzige Verhöre finden statt und eine abstruse Polizeiarbeit. Hopps, fertig, Ende. Matthias Soeder, geboren 1962 in Schweinfurt, war Verkehrspilot und steuerte Flugzeuge bei East West Airlines und bei Lufthansa Cityline. In seinen letzten 19 Berufsjahren flog er als Kapitän bei der Frachtairline ‚Cargolux‘ mit dem Jumbo kreuz und quer durch die Welt. Den Job als Pilot hat er vor Kurzem an den Nagel gehängt, um sich voll und ganz seiner Leidenschaft, dem Schreiben von Thrillern, zu widmen.

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