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Der Anfang: «Ich ließ mir gerade die weltbeste Tortilla schmecken, das Ei leicht gestockt und die Kartoffeln bissfest, da erhielt ich den Anruf, der mein Leben verändern sollte. Zum Schlechten, sollte ich ergänzen. Es war der Tag vor dem Día de Santiago, dem Gedenktag des heiligen Jakob. Ganz Vitoria bereitete sich auf die Feierlichkeiten zum Día del Blusa vor, wie dieser Tag bei uns auch genannt wird, eine Hommage an all die jungen Leute früher und heute, die an diesem Tag mit ihren traditionellen blauen Hemden und den dazu passenden Halstüchern durch die Straßen ziehen.» In der Kathedrale von Vitoria-Gasteiz, im Herzen des Baskenlandes, liegt während der Feierlichkeiten zum Dia del Blusa ein nacktes totes Paar in einem offenen Grab, die Hände an die Wange des anderen gelegt. Drum herum drapiert liegen Silberdisteln, sogenannte Eguzkilore, auch Blume der Sonne genannt, die in der baskischen Mythologie ein Schutzsymbol darstellen. Der Fall erinnert an eine Serie von Morden, die zwanzig Jahre zuvor die baskische Stadt in Atem hielt. Damals gab es vier Doppelmorde an historisch bedeutsamen Orten - so arrangiert, wie dieses tote Pärchen. Doch der Täter, Tasio Ortiz de Zárat, sitzt in strenger Einzelhaft – der allerdings bis heute behauptet, man hätte den Falschen eingesperrt. Inspector Unai López de Ayala, genannt Kraken, Profilingexperte und Fallanalytiker und Inspectora Estíbaliz Ruiz de Gauna, genannt Esti, stehen vor einem Rätsel. Hatte man damals einen Unschuldigen verurteilt oder ist ein Nachahmer am Werk, vielleicht ein Bewunderer, der von Tasio geleitet wird? Tasio soll in ein paar Tagen seinen ersten Hafturlaub antreten. Er ruft bei Ayala an – bietet seine Mithilfe an, den Mörder zu schnappen, denn er hat Angst, wenn der Täter weiter mordet – und das wird er, da ist er sich sicher – könnte wieder er, Tasio, beschuldigt werden. Keine gute Idee, meint Ayala, der nicht daran denkt, sich von Tasio manipulieren zu lassen. Andererseits kennt sich der Archäologe und ehemalige Fernsehmoderator bestens mit den baskischen Mythologien aus ... Die neuen Subcomisaria Alba Díaz de Salvatierra gibt grünes Licht, Ayala soll den Gefangenen besuchen. Tasio hat einen Zwilling, Ignacio, ein ehemaliger Polizist, der heute Sendungen im TV moderiert. Und genau dieser Bruder hatte Tasio verhaftet. Welches Verhältnis haben die beiden heute zueinander? Hat vielleicht Ignacio die Spuren zu seinem Bruder gelegt? «Estíbaliz hatte sich auf Viktimologie spezialisiert, auf die Opfer: warum genau diese Person und keine andere? Sie war am geschicktesten von uns allen im Umgang mit Datenbanken wie SICAR, wo die Reifenspuren sämtlicher denkbaren Fahrzeuge gespeichert waren, oder SoleMate, einem Kompendium aller Schuhmarken weltweit.» Unai und Estíbaliz sind auch privat befreundet, zwei hartgesottene Ermittler – wobei Unai uns bereits am Anfang erklärt, dass der Mörder auch ihn erwischt hat, dass er bereits tot ist, eine Kugel im Kopf hat. Er erzählt uns diese Geschichte und geht auch hin und wieder in der Erinnerung an die alten Fälle zurück. Plötzlich gerät der Bruder von Esti in den Focus. Esti ist wütend auf Unai , weil er überhaupt einen Gedanken daran verschwendet, dass ihr Bruder ein Mörder sein könne. Aber die Spur ist heiß und der Bruder verschwunden. Schon bald wird ein neues totes Paar gefunden – in der Stadt geht die Angst von damals um. Alles scheint sich um die Zwillinge zu kreisen. Nur, sind sie Täter oder Opfer? Parallel gibt es den unabhängigen Handlungsstrang um Doctor Urbina und eine Liebe, die nicht sein darf ... Das Ermittlerpaar greift weit zurück in die Vergangenheit, und Puzzlestück für Puzzlestück ergibt ein Ganzes. Handlungsstränge werden hier geschickt verknüpft. «Ich glaube, das ist das komplexeste Profil, mit dem ich es je zu tun hatte. Eine Cool-Down-Phase von zwanzig Jahren bedeutet, der Mörder ist ein Psychopath, der fähig ist, sich über einen sehr langen Zeitraum zu beherrschen. Ich glaube, dass er keinen Fehler machen wird, ich glaube, dass wir ihn bei keinem Widerspruch ertappen werden, und ich glaube, dass wir bisher nur den Anfang seines Plans erlebt haben.» Eva García Sáenz stammt aus Vitoria im Baskenland, wo auch ihre Bücher spielen. Dieser Krimi ist ihr Debüt. Das ist bemerkenswert, weil sie hier wirklich einen ausgeklügelten Krimi vorgelegt hat, spannend und sprachlich ausgereift. Die Figuren sind säuberlich aufgebaut, absolut glaubhaft und stimmig; es ist ein vielschichtiger Kriminalroman. Atmosphärisch eingebunden in Victoria erfahren wir etwas über die Fiestas und baskische Mythen, ganz ohne touristischen Schnörkel. Fein werden im Strang um Doctor Urbina das damalige streng patriarchalische Spanien und sein strenges Sittengemälde dargestellt, das noch in den 70-Ern herrschte. Ein Pageturner, der sich sehen lassen kann! Ich ziehe meinen Hut vor der Leistung! Warum dieser Roman als Thriller betitelt wird, ist mir unklar, denn es ist ein eindeutiger Krimi, ein Polizeikrimi, ein Whodunnit. Für die Leser im Print gibt es ein Personenregister und ein Glossar am Ende des Buches. Eva García Sáenz landete mit diesem Krimi auf Anhieb auf der Bestsellerliste Spaniens. Es folgten zwei weitere Bände, die sich bis heute über eine Million Mal in Spanien verkauft, die Bücher werden in viele Sprachen übersetzt. Der erste Band, «Die Stille des Todes», wurde verfilmt und läuft u.a. auf Netflix.