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gwyn

Posted on 23.7.2022

Zwei Häuser, die durch eine Brücke miteinander verbunden sind, können nicht verschiedener sein: Im rechten Haus wohnte Sirrus Familie; hier herrscht ein buntes, lustiges Treiben, Chaos regiert den Alltag. Links wohnt Hannos Familie. Regeln strukturieren das Leben, Ordnung und Disziplin, keine Zeit zum Trödeln. Ein Blitzschlag zerstört die Brücke. Diese beiden Familien stellen die rechte und linke Gehirnhälfte dar. In farbigen Infoboxen werden Sachverhalte erklärt, wie das limbische System, die Corpus Callosum usw. Hier wird auch erklärt, dass in Stresssituationen der Bauch die Führung übernimmt – die Gehirnzellen im Bauch, die für Gefahr zuständig sind. Die Corpus Callosum verbindet beide Gehirnhälften wie eine Brücke, stimuliert sie zur Zusammenarbeit. Nachdem die Brücke zusammenbrach, wird es Hanno langweilig in seiner strukturierten Welt, die ganz ohne Farben und Musik ist. Sirrus hingegen sehnt sich nach ein wenig Ordnung im Chaos der Familie, die von einer Idee zur nächsten springt. Hier muss sich etwas ändern! Alle packen mit an, um eine neue Brücke zu bauen, um sich gegenseitig zu ergänzen. Grundsätzlich finde ich die Idee gut, auch die Erklärungen sind kindgerecht. Aber etwas ganz wichtiges fehlte mir dabei – weshalb ich auch dieses Buch ein wenig zu abstrakt einschätze. Hier wird etwas erklärt, das nie auftaucht, nicht fassbar ist: Das Gehirn, der dazugehörige Kopf, der Mensch. Ich hätte mir gewünscht, dass es am Ende ein paar Grafiken gibt, die das Ganze anschaulich machen. Der Querschnitt eines Gehirns, die Draufsicht. Wo sitzt dieser Corpus Callosum, das limbische System usw.? Das kann man einfach darstellen. Das enterisches Nervensystem – das Denken mit dem Bauch – könnte man alles einfach zeichnerisch umsetzen. Hier wird etwas erklärt, zu dem es keinen visuellen Bezug zur Erzählung gibt. Solche naturwissenschaftlichen Zeichnungen müssen nicht die Geschichte zerstören, können am Ende erklärend angefügt sein. Lesen ist eins – visuell verstehen etwas anderes, insbesondere für Kinder. Abstrakt ist für mich die Geschichte ohne den Einbezug des Menschen, zum Gehirn. In dieser Story ist das Gehirn losgelöst und beide Seiten agieren lediglich untereinander. So ist es ja nicht. Auch das Gehirn ist auf die Mitwirkung anderer angewiesen, ist überallhin im Körper verknüpft. Zu wenig Schlaf ist verheerend, usw. Das alles wird ausgeblendet. Ich habe mich beim Lesen gefragt, wie würde ein Körper reagieren, wenn die Brücke zwischen den Gehirnhälften zerstört wäre? Gibt es so etwas? Übernimmt eine Seite und verkümmert die andere? Da war doch was ... Ich habe dann nachgelesen, aufgefrischt. Je mehr ich darüber nachdachte und las, um so mehr war ich mir sicher: Die Geschichte ist mir zu abstrakt, weil sie nicht fassbar ist ohne einen Menschen. Sachbücher brauchen bei mir logische Zusammenhänge, was für mich in der Abstraktion nicht gegeben ist. Die Idee ist gut, die Erklärungen zum Gehirn sind es auch. Am Ende gibt es kleine Übungen zur Förderung von Gedächtnis und Konzentration und zur Entspannung nach einem anstrengenden Schultag. Die wiederum finde ich klasse. Es hat sich für mich nicht nur in der Theorie, sondern auch in der Praxis gezeigt, wenn die Luft raus ist im Unterricht: Fenster auf, ein wenig tanzen, singen oder ein paar Übungen mit Armen und Beinen – und alle sind wieder hochkonzentriert. Kreative Köpfe arbeiten nach Bewegung immer wie geschmiert. Diese Übungen hier sind sehr hilfreich, verhelfen zu Konzentration, Ruhe, zum Einschlafen. Insgesamt finde das Buch nicht schlecht; andererseits ist es mir schlicht zu wenig Inhalt, um anschaulich die Funktion des Gehirns zu erklären. Denn hier erfahren wir lediglich etwas über die Zusammenarbeit von links und rechts, was natürlich ein wichtiges Thema ist. Der Mirabilis Verlag gibt eine Altersempfehlung ab 6 Jahren, dem stimme ich grundsätzlich zu. Allerdings gerade für dieses Alter hätte ich mir mehr anschauliche Illustration gewünscht! Carola Wegerle schreibt Romane, Drehbücher, Kindergeschichten und Sachbücher. Das Thema Gehirn hat sie schon immer fasziniert, daher befasste sie sich intensiv mit Neurologie. Sie schrieb bereits einen Ratgeber zum Thema Konzentration und konzipierte Ausbildungen zum Mentaltrainer. Besonders interessant ist für sie das Fachgebiet der Neurokinetik. Wie kann man durch körperliche Impulse das Gehirn zu Höchstleistungen anregen? Dieses Wissen wollte sie auch Kindern vermitteln, um ihnen das Lernen zu erleichtern. Carola Wegerle lebt in München. Marion Weis studierte an der Deutschen Meisterschule für Mode in München Grafik und arbeitete in vielen Verlagen und Agenturen als Grafikerin und Illustratorin. Seit 2011 ist sie freie Illustratorin und Yogalehrerin. Sie lebt mit ihrer Familie in einem kleinen Dorf bei München, mag die Natur, gibt Kindermalkurse und unterrichtet Yoga.

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