Gabriele
Das Leben ist ein Tanz auf dem Seil Selten fand ich ein Cover so gut zum Buch passend wie hier. Elke, die Ich-Erzählerin, hat Theologie studiert. Bevor sie die erste Stelle antritt, arbeitet sie als Sterbebegleiterin. Doch plötzlich fehlen ihr beim Beten die Worte. Nicht einmal der vertraute Wortlaut des Vaterunsers fällt ihr mehr ein. Völlig aus der Spur grenzt sie sich wegen ihrer „Gottdemenz“ überall aus. Als Leser begleiten wir die junge Frau auf ihrem unsicheren Weg durch all ihre Zweifel. Wir erleben ihr Ringen um festen Boden unter den Füßen; bis verbannte Erinnerungen an ihren verstorbenen Bruder auftauchen. Seinen Tod hat sie nie verwunden. Der Titel dieses Buches hat mich magisch angezogen. Ich war überzeugt, dass ich (vielleicht wegen meines fortgeschrittenen Alters?) dieses Buch unbedingt lesen muss! Doch das Verhalten der jungen Frau hat mich – besonders im Mittelteil – regelrecht abgestoßen. Auf der anderen Seite fand ich es gut, wie die Autorin hier thematisiert, dass auch Pastoren nur Menschen sind. Tamar Noort, 1976 in Göttingen geboren, beschreibt in ihrem Debütroman sehr deutlich die Befindlichkeiten ihrer Protagonistin – auch wenn sie für mich nicht immer nachvollziehbar sind. Elke ist so mit sich selbst beschäftigt und wirkt häufig wie ein kleines Mädchen, das ihr nahe stehende Menschen vor den Kopf stößt. Erst als sie sich ihren Erinnerungen stellt, findet sie zu sich. Fazit: Eine Geschichte über Zweifel, Verlust, Unsicherheit und schließlich Selbstfindung. Eine Geschichte über Festhalten und Loslassen, Himmel und Erde und das, was dazwischen ist.