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joberlin

Posted on 19.7.2022

Justine Picardie hat mich bereits mit ihren Biografien zu Coco Chanel und Daphne du Maurier begeistert, nun erscheint ihr Buch über Catherine Dior in deutscher Übersetzung. Diese Biografie ist als Sachbuch zu sehen, romanhaft ausgeschmückt ist hier nichts, dass ist auch nicht nötig, denn das Leben der „Miss Dior“ ist ohne jedes Hinzutun vielfältig, spannend und interessant. Wir erfahren viel über Zeitläufte des 20. Jahrhunderts, Zusammenhänge der Kunst- und Modeszene, die Geschichte der Familie Dior und vor allem auch über Christian Dior, dessen Lieblingsschwester Catherine war und mit dem sie insbesondere die Liebe zu Blumen und Gärten verband. Der Reichtum der Familie Dior war bereits zu Beginn der 30er Jahre dahin, das herrschaftliche Anwesen Les Rhumbs in Granville musste aufgegeben und Personal entlassen werden. Christian arbeitet als Modezeichner. Die noch größere Tragödie für die Diors ist allerdings der Einmarsch deutscher Soldaten im Jahr 1940. Viele Modehäuser schließen, doch gibt es auch Intellektuelle, Künstler, Modeschöpfer, die – zumindest in einem gewissen Maß – mit Deutschen kollaborieren. Meisterlich schreibt Justine Picardie und doch brauche ich ungewöhnlich viel Zeit für die Lektüre, es gibt viel nachzulesen und zusätzlich zu erkunden für mich. Dabei sind die Quellen, die die Autorin für diese Biografie nutzen kann, recht dürftig - das betrifft insbesondere Catherines Zeit in der Résistance und dann die Verschleppung ins Lager Ravensbrück. Es gibt keine erhaltenen Briefe oder Tagebücher aus dieser Zeit. 1945 geht Catherine zurück nach Frankreich und wird Blumenzüchterin in der Provence, dabei arbeitet sie hauptsächlich als Zulieferin für die Parfumproduktion in Grasse. Nach dem Tod Christians 1957 wird sie zur Hüterin seines Erbes. Man könnte das Buch an einigen Stellen als zu detailreich empfinden, doch ist diese Biografie glänzend geschrieben, enthält viele Fotos und einen umfangreichen Anhang und ist eine wahre Fundgrube für eine an Kunst und Kultur interessierte Leserschaft. Ich jedenfalls lese, lerne, staune ---- und schwelge in „Miss Dior“.

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