Susanne Matiaschek
Nachdem „Kaltherz“ von Henri Faber überall hochgelobt wurde, musste ich mir unbedingt mein eigenes Urteil bilden. Nach den ersten 50 Seiten muss ich zugeben, dass ich nicht verstand, warum es so gefeiert wurde. Heute direkt weitergelesen und in einem Zug verschlungen. Noch Fragen? Sein Schreibstil ist absolut fesselnd und einnehmend. Die ganze Atmosphäre gestaltet sich als sehr bedrückend und beklemmend. Ich muss zugeben, dass mich dieses ganze Wissen am Anfang ziemlich überfordert hat. Zumal ich es zu diesem Zeitpunkt, zwar interessant fand, aber nicht wirklich spannend. Dabei erfährt man hier die unterschiedlichsten Perspektiven, je nachdem wer gerade im Zentrum des Geschehens liegt. Es wurde dadurch vielschichtig, aber man lernt die Charaktere auch unglaublich gut kennen. Zudem sind sie authentisch und absolut greifbar. Und so unglaublich wandelbar. Kim Lansky ist eine richtig toughe Ermittlerin, hat aber selbst mit ihrer eigenen Vergangenheit zu kämpfen. Sie agiert mit Finesse, auch wenn sie manchmal etwas zu impulsiv agiert und ihr das ein oder andere Mal etwas Feingefühl fehlt. Ich hoffe sehr, Henri Faber schreibt noch weitere Bücher mit ihr. Denn ihr Potential ist enorm hoch und ich lieb sie einfach. Das Ehepaar Lipmann lernt man ebenfalls gut kennen. Dieses Pärchen hat mich wirklich überrascht und überaus fasziniert. Denn nicht immer ist alles wie es zu scheinen mag. Auch die Nebencharaktere punkten auf ganzer Ebene und verstehen es gekonnt Eindruck zu hinterlassen. „Kaltherz“ brauch in meinen Augen etwas um sich zu manifestieren. Gerade der Anfang war zwar interessant, konnte mich jetzt aber nicht großartig überraschen. Dabei liegt der Fokus stark bei Lansky und den Lipmanns. Was ein interessantes Bild auf alles wirft. Der Autor hat diesen Thriller in 5 Teile gegliedert und das aus gutem Grund. Denn er erweitert nicht nur die Charaktere um ein vielfaches. Denn plötzlich kam richtig Spannung und Nervenkitzel auf und ich kam gar nicht mehr von der Story weg. Er zelebriert so einen gekonnten Umschwung, dass ich wirklich sprachlos war. Aber das ist noch nicht alles. Er nimmt kein Blatt vor den Mund. Zeigt, dass jeder seine Vergangenheit hat, die von Schmerz und Leid geprägt ist. Das nicht jeder damit umzugehen weiß, aber dennoch alles versucht. Die Thematik die allem zugrunde liegt, ist wirklich heftig. Alleine dieser Gedanke ist schmerzhaft genug. Aber wie er alles ausgeweitet hat, hat mir das Blut in den Adern gefrieren lassen. Das war äußerst brutal. Aber er zeigt, wie leicht es gemacht werden kann und wie gutgläubig und naiv Menschen sein können. Ein besonderen Anteil hat auch der psychologische Aspekt, er bewegt sich in Abgründe, die mich wirklich erschüttert haben. Besonders das Leid einer Person, hat mich innerlich zerbrechen lassen. Weil man realisiert, egal, wie dein Leben verläuft, es verläuft für dich immer mit Konsequenzen. Es verankert sich in dir und formt dich, bis du zu etwas völlig neuem wirst. Dabei geht es um Trauer, Wahnsinn, Hilflosigkeit. Aber auch um Macht und Verzweiflung. Die eigene Zerbrechlichkeit und Hilflosigkeit wird vor Augen geführt und das zerreißt dich innerlich entzwei. Ab einem gewissen Punkt, hat mich alles einfach nur noch zerstört. Die Skrupellosigkeit, die Ideologie, die Ignoranz,die Selbstüberschätzung. Wider Erwarten konnte mich Henri Faber nicht nur begeistern, sondern mit den Emotionen nur so überschwemmen und mich damit wirklich ins Herz treffen. Ich hoffe sehr, auf weitere Werke von ihm. Ein absolutes Highlight und das hätte ich niemals für möglich gehalten. Fazit: In seinem neuen Thriller „Kaltherz“ überrascht Henri Faber mit einer komplexen und tiefgreifenden Story, die nicht nur menschlich ans Herz geht, sondern auch mit Twists punktet, dass dir der Atem wegbleibt. Eine sensible und brisante Thematik, die immer neue Kreise zieht und dabei hocheffizient mit Wendungen punktet, die man niemals erwarten würde. Für mich ein absolutes Highlight, weil ich niemals erwartet hätte, dass es mich so tief und stark zerbrechlich lassen würde. Unbedingt lesen.