Lena von fuddelknuddels Bücherregal
I kissed Shara Wheeler ist für mich das zweite Buch von Casey McQuiston gewesen. Nachdem Royal Blue mich so unerwartet begeistert hat, war für mich klar, davon brauche ich mehr! Und auch in diesem Buch hat die Autorin für mich wieder abgeliefert. Shara Wheeler ist eine verwirrende, liebenswerte, etwas durchtriebene und absolut geniale Figur. Dass Chloes Gedanken um fast nichts anderes als die schillernde, perfekt scheinende Möchtegern-Ballkönigin schwirren, verwundert die Lesenden nicht, im Gegenteil, ich kann sagen, dass ich selbst mit der Zeit auch in Sharas gewobenem Netz verloren gegangen bin. Aber auch Chloe hat eine Anziehungskraft, der Shara sich kaum entziehen kann. Die beiden verbindet Ehrgeiz, der Wille, alles für den schulischen Erfolg in Kauf zu nehmen, sie verbindet aber noch viel mehr, wie sie im Laufe des Buches feststellen. Das Setting der konservativen Schule in Alabama bietet für einen queeren Roman Konfliktpotenzial, was hier auch eindeutig ausgeschöpft wurde. Man hat mit Chloe, aus deren Sicht das ganze Buch erzählt wird, das unbändige Bedürfnis, aus diesen Verhältnissen auszubrechen, den Leuten in ihre homofeindlichen Köpfe zu pressen, dass ihre Ansichten altbacken und diskriminierend sind. Queere Figuren sind hier so natürlich und selbstverständlich eingewoben, dass ich mir wünschen würde, dass Queerfeindlichkeit kein Thema mehr sein müsste. Aber so wie es im Buch beschrieben ist, ist es leider vielerorts noch Realität, weshalb auch darauf definitiv aufmerksam gemacht werden sollte. Der große Hauptpunkt der Geschichte ist die Fehde, der Konkurrenzkampf zwischen Chloe und Shara. Shara verschwindet (beinahe) spurlos und hinterlässt Chloe, ihrem Freund und einem Nachbarn Hinweise auf ihren Fundort. Diese spannende Suche an sich empfand ich schon als kurzweilig und lesenswert, vor allem weil währenddessen immer neue Aspekte über jede der vier Figuren ans Licht kommen. Doch das interessanteste daran waren Sharas Motive, das Ganze überhaupt zu inszenieren. Meine Vermutungen dazu haben sich im Laufe der Story mehrmals geändert, allerdings schien es zum Ende hin so, als sei Shara sich auch nicht mehr so sicher, was sie eigentlich genau hatte bezwecken wollen. Welches der große Ziele steht im Vordergrund, die Beste zu sein oder doch Chloes Aufmerksamkeit? Das empfand ich als unheimlich aufregend zu verfolgen, wie die zwei jungen Frauen zunächst noch umeinander herumschleichen und am Ende feststellen, worauf es wirklich ankommt. Für mich war I kissed Shara Wheeler wieder ein Vergnügen der Extraklasse. Ein zuckersüßer, queerer Roman mit einem grandiosen Schreibstil, Spannung, wichtigen Messages und so vielen bewundernswerten Figuren, dass ich am liebsten Teil der Clique gewesen wäre.